Perspektivisch nur eine Fahrspur
Wettbewerb für Mühlendammbrücke startet

Die marode Mühlendammbrücke soll bis 2030 ersetzt werden. Wegen des Online-Bürgerforums am 9. November hatte die Senatsverkehrsverwaltung den Wettbewerb verschoben.  | Foto: Ulrike Kiefert
  • Die marode Mühlendammbrücke soll bis 2030 ersetzt werden. Wegen des Online-Bürgerforums am 9. November hatte die Senatsverkehrsverwaltung den Wettbewerb verschoben.
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Der Realisierungswettbewerb für die neue Mühlendammbrücke startet. Busse, Radfahrer und Fußgänger sollen künftig mehr Platz haben. Perspektivisch könnte es dann nur noch eine Autospur pro Richtung geben – ein Kompromiss mit dem Bezirk. Daran kommt prompt Kritik.

Der Realisierungswettbewerb für den Neubau der maroden Mühlendammbrücke zwischen Breite Straße und Molkenmarkt steht kurz vor dem Start. Die Ausschreibung soll noch im Januar veröffentlicht werden, teilt der Verkehrssenat mit. Über die Vorgaben sei mit dem Bezirk Mitte „inzwischen Konsens“ erzielt worden. Auch Hinweise und Anmerkungen aus der Öffentlichkeit seien in die Wettbewerbsunterlagen aufgenommen worden.

Im Fazit soll die neue Mühlendammbrücke über die Spree dem öffentlichen Personennahverkehr, Radfahrern und Fußgängern zu einem „deutlich höheren Anteil Platz bieten“ und zwar zu 70 Prozent. Die angedachte Straßenbahn vom Alexanderplatz zum Kulturforum und später weiter zum Halleschen Tor soll künftig zweigleisig über die Brücke fahren. Dazu sind breite Rad- und Fußwege geplant. Konkretere Vorgaben macht die Verkehrsverwaltung in der Ausschreibung nicht, auch nicht zu den Brückenquerschnitten und zur umstrittenen Brückenbreite. Das soll der Wettbewerb bringen, dessen Planungsaufgabe sich in zwei Projektphasen teilt.

In der ersten Phase geht es darum, ein Bauwerk zu entwerfen, das die momentan prognostizierten Verkehrsmengen aufnehmen kann, nämlich rund 63 000 Fahrzeuge pro Werktag und damit bereits 10 000 weniger, als aktuell über die Brücke rollen. Die erste Planungsphase sieht darum zwei statt bisher drei Autospuren pro Richtung vor. „Mit der zweiten Projektphase wird die Grundlage geschaffen, um perspektivisch die Brücke an einen geringeren motorisierten Individualverkehr anzupassen“, teilt die Senatsverwaltung mit. Deshalb werde in der zweiten Phase vorgegeben, dass nur noch eine Fahrspur pro Richtung für den motorisierten Individualverkehr zur Verfügung stehen soll. Das ist besagter Konsens mit dem Bezirk Mitte, der nur eine Autospur will (www.berliner-woche.de/292403). „Ideen und Lösungsvorschläge dieser zweiten Phase werden bei der Gesamtbewertung nun deutlich höher gewichtet als bisher“, heißt es weiter. Was eine Konsequenz aus der Bürgerbeteiligung sei. Ziel des Wettbewerbes ist es, „überzeugende Entwürfe für den Ersatzneubau zu erhalten“. Abriss und Neubau der Brücke sollten zudem unter „Aufrechterhaltung der Verkehrsverbindung“ über die Spree erfolgen. Während des Wettbewerbs soll es weitere Bürgerveranstaltungen geben. Geschätzter Baubeginn für die neue Brücke ist jetzt 2024. 

CDU warnt vor "Nadelöhr der Zukunft"

Die Kritik am Kompromiss mit dem Bezirk lässt derweil nicht lange auf sich warten. Die Berliner CDU-Fraktion fordert ein umfassendes Verkehrskonzept für Mitte statt voreiliger Fahrspurreduzierung. „Wir warnen davor, die Mühlendammbrücke als wichtiges Verbindungsglied einer leistungsfähigen Ost-West-Verbindung zum Nadelöhr der Zukunft zu machen“, so der verkehrspolitische Sprecher, Oliver Friederici. Die jetzt vorgestellten Pläne der Verkehrsverwaltung, die Fahrspuren von heute acht auf zwei zu reduzieren, seien grünes Wunschdenken ohne seriöse Datengrundlage und Planung. „Von daher erwarten wir weitergehende Untersuchungen und Vorschläge für den Verkehrsraum der Mitte Berlins. Insbesondere vor dem Hintergrund, auch ausreichend Platz für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen.“ Zudem fehle noch immer ein Konzept für den Reisebusverkehr. Was die Radwege angeht, so sollten diese vor allem über sichere Nebenstraßen geführt werden, schlägt die CDU vor.

Auch der ADAC sieht die Senatspläne kritisch. „Wenn der Autoverkehr von derzeit vier auf nur noch eine Spur reduziert werden sollte, befürchten wir in Zukunft einen Verkehrskollaps auf dieser wichtigen Ost-West-Achse“, warnt Verkehrsvorstand Volker Krane. „Derzeit fahren hier täglich mehr als 70 000 Fahrzeuge entlang. Das ist in etwa vergleichbar mit dem Verkehr auf der Stadtautobahn kurz vor der Seestraße.“ Selbst wenn auf der Mühlendammbrücke einmal wie geplant die Straßenbahn fährt, „schätzen wir, dass der Verkehr höchstens um 5000 bis 10 000 Fahrzeuge pro Tag sinkt.“ Der Neubau der Mühlendammbrücke sollte also langfristig für eine Kapazität von rund 60 000 Fahrzeugen ausgelegt sein, so Krane. „Konkret heißt das: Auch mit der Tram halten wir zwei Autospuren in jeder Richtung für notwendig.“

Verein fordert verbindliches
Verkehrskonzept

Dem Verein „Denk mal an Berlin“ wiederum geht der Vorschlag, die neue Brücke von jetzt rund 45 Metern auf knapp 40 Meter zu verringern, nicht weit genug. „Wir fordern eine sofortige neue Diskussion in Verbindung mit einem verbindlichen Verkehrskonzept für die historische Mitte“, so Vereinschefin Susanna Poldauf. Außerdem sollte sich die geplante Brücke in die Gesamtplanung für die Neugestaltung von Berlins Mitte gut einfügen, „damit in Berlin endlich wieder Bau-Kultur Einzug hält.“

Für den Verein „Berliner Historische Mitte“ soll die neue Brücke gleich Mehreres symbolisieren. „Sie sollte zeigen, hier war die erste Querung der Spree und damit der Beginn der Stadtgründung.“ Dementsprechend sollte sie gestaltet und wie früher mit Häusern bebaut werden. Der Autoverkehr spiele dabei die „allerletzte Rolle“. Und: Die Mühlendammbrücke sollte einen neuen Namen bekommen. „Erste Brücke“ oder „Stadtbrücke“, „Nikolaibrücke“ oder „Willy-Brandt-Brücke“ – um nur einige Vorschläge des Vereins zu nennen.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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