Vorkaufsrecht im Milieuschutzgebiet
Bezirk will Haus kaufen, um Mieterhöhungen zu vermeiden
Die SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick hat sich erfolgreich für die Mieterinnen und Mieter in der Karl-Kunger-Straße 15 eingesetzt. Unter Umständen wird erstmals im Bezirk das kommunale Vorkaufsrecht im Milieuschutzgebiet angewendet.
Das Haus im Hinterhof sollte an einen privaten Investor verkauft werden. Durch den großen Sanierungsbedarf bestand deshalb ein deutliches Mieterhöhungsrisiko. Anwohnerinnen und Anwohner hätten aus den eigenen vier Wänden verdrängt werden können. Mit einem Bezirksamtsbeschluss wird nun ein Kauf des Hauses durch den Bezirk geprüft.
Die Entscheidung begründet sich aus der Erhaltungsverordnung, besser bekannt als Milieuschutz. Die stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und Bauen, Ellen Haußdörfer (SPD), dazu: „Bezahlbarer Wohnraum muss auch in innenstadtnahen Stadtteilen verfügbar sein. Die soziale Durchmischung der einzelnen Stadtteile ist charakteristisch für Berlin und somit besonders erhaltenswert.“
Das betreffende Haus befindet sich im Hinterhof, gleich hinter der Kiez-Galerie der KungerKiezInitiative. Eine bröckelnde Fassade ohne jede Wärmedämmung und einige Metallkörbe an der Fassade zeugen noch von DDR-typischen Gasaußenwandheizungen. Anwohner befürchten, dass ein neuer Eigentümer die Modernisierungskarte zieht und nach möglicher Verdoppelung der Kaltmieten ein Teil der Bewohner ausziehen müsste.
Die Ausweisung von Wohngebieten als sogenannte Milieuschutzgebiete macht es möglich, dass Bezirke bei einem drohenden Verkauf von Wohnhäusern das Vorkaufsrecht wahrnehmen. Die Bezirke können dann selbst sanieren oder das Haus in die Hände eines kommunalen Wohnungsunternehmens geben, dass an eine sozial verträgliche Sanierung gebunden ist. Im benachbarten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat man mit diesem Konzept bereits Erfolg. In rund zehn Fällen hat der Bezirk bereits sein Vorkaufsrecht ausgeübt. Ein Immobilienunternehmen im Bergmannkiez hatte vergeblich gegen die Übernahme eines Hauses durch ein kommunales Wohnungsunternehmen geklagt. Mit Hinweis auf drohende Mieterhöhungen und eine ebenso mögliche Umwandlung in Eigentumswohnungen hatte das Berliner Verwaltungsgericht den Immobilienspekulanten in die Schranken gewiesen.
Ob der Kauf des Hauses in der Karl-Kunger-Straße Realität wird, bleibt abzuwarten. Im Vorderhaus, in der Kiez-Galerie, können sich von Modernisierung oder Umwandlung in Eigentumswohnungen bedrohte Mieter beraten lassen: Karl-Kunger-Straße 15, jeweils mittwochs von 17 bis 19 Uhr. Die Beratung ist kostenlos.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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