„Keine Luft zum Leben“
Anwohner kritisieren Wohnungsbau im Hasso- und Nelkenweg

Dieser Entwurf zeigt, wie die acht geplanten Gebäude im Hassoweg und Nelkenweg angeordnet werden sollen. | Foto: Stadt und Land/ Goldbeck
  • Dieser Entwurf zeigt, wie die acht geplanten Gebäude im Hassoweg und Nelkenweg angeordnet werden sollen.
  • Foto: Stadt und Land/ Goldbeck
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

Das Projekt befindet sich noch in der Entwicklungsphase, hat bei Anwohnern aber bereits für mächtig Aufregung gesorgt: Auf einer unbebauten Fläche im Hasso- und Nelkenweg möchte die städtische Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land rund 240 neue Wohnungen errichten. Die Bauarbeiten sollen im Sommer 2021 beginnen und 2023 fertiggestellt sein.

Als zukünftige Mieter stehen Familien im Fokus. Die eine Hälfte der neuen Wohnungen soll in den ersten Jahren von Geflüchteten bewohnt, die andere dem regulären Mietwohnungsmarkt zugeführt werden. Rund ein Drittel aller Wohnungen wird durch das Land Berlin gefördert und soll an Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins zu 6,50 Euro nettokalt pro Quadratmeter im Monat vermietet werden. Nach Unternehmensangaben sind acht Gebäude mit Höhen von drei bis fünf Geschossen angedacht. Im Außenbereich sind Grün- und Freizeitflächen geplant. Auf dem Grundstück sollen PKW- sowie Fahrradstellplätze in ausreichender Zahl für die Bewohner entstehen. Um den benötigten Platz zu schaffen, müssen Teile des Baumbestandes auf dem nördlichen Teil der Fläche gerodet werden. Eine Kompensation soll in enger Zusammenarbeit mit den Berliner Forsten erfolgen.

Ans Stadtklima denken

Dutzende Anwohner haben sich zusammengeschlossen und wollen das Vorhaben verhindern. In einer Mail schreiben sie, dass in Altglienicke die Zerstörung von Grünflächen und vorwaldähnlichen Arealen vorangetrieben und durch den Bezirk unterstützt werde. „Die unschlagbare Begründung ist immer die Schaffung neuen Wohnraums. Diesem Ziel wird das Stadtklima, der Naturschutz, der Erhalt von Biotopflächen als geringfügig bedeutsam untergeordnet.“ Für die Kaltluftentstehung besitze die Fläche eine wichtige klimatische Funktion.

„Es reicht nicht, vom Klimawandel und Artensterben zu reden, eine ‚Charta für das Berliner Stadtgrün‘ zu entwerfen, wenn Beton den Vorrang hat“, so die Anwohner. Sie kritisieren außerdem, dass die vorhandene Infrastruktur bereits jetzt in vielen Bereichen, wie der Kinderbetreuung, dem Schulplatzangebot, Straßenverkehr, öffentlichen Parkraum, ÖPNV und der Gesundheitsversorgung nicht ausreichend sei. Sie seien empört, dass jedes freie Stück bebaut werde und keine Luft zum Leben bleibe.

Balance zwischen Wohnraum und Lebensqualität

Das Bezirksamt hat auf Anfrage der Berliner Woche Stellung zu den Vorwürfen genommen: „In der Tat werden in Altglienicke kurzfristig mehrere Wohnungsbauvorhaben begonnen, andere sind gerade fertiggestellt worden. Das bedeutet einen nicht unerheblicher Zuzug an Bevölkerung für den Ortsteil. Daher ist die Schaffung des dringend benötigten Wohnraums zu begrüßen, jedoch sind dem Bezirk die Belastungen der bisherigen Bewohner besonders durch die Baumaßnahmen durchaus bewusst.“

Die geplanten Wohngebäude greifen laut Bezirk die Struktur, Lage, Höhen und Abmessungen der vorhandenen Bebauung auf und passen sich damit an das Umfeld an. Wenn alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten würden, habe der Bauherr somit einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung. Die auf dem nördlichen Grundstücksbereich vorhandene Gashochdruckleitung finde in den weiteren Planungen Berücksichtigung. Entsprechend notwendige Abstände würden eingehalten. Gutachten zum Natur- und Artenschutz im Bereich des Baumbestands sind noch nicht abgeschlossen.

Infrastrukturkonzept soll Entlastung bringen

Mit einem Sozialen Infrastrukturkonzept hat der Bezirk den Bestand und zukünftigen Bedarf an sozialer und grüner Infrastruktur erfasst, deren Umsetzung nun entsprechend geplant wird. Dazu gehören eine neue Grundschule auf der Freifläche Peene- und Usedomstraße, der Ausbau der Grundschulen am Buntzelberg und am Altglienicker Wasserturm und die Sanierung der Schule am Pegasuseck. Die durch das neue Wohnquartier erforderlichen Kitaplätze sollen durch einen Kitaneubau in der benachbarten Anne-Frank-Straße geschaffen werden.

Etwas schwieriger gestalte sich hingegen die Einflussnahme des Bezirks auf die Verkehrsplanung. „Aufgrund des immensen Wachstums in der Stadt und der ständig steigenden Mobilität und dem Flächenverbrauch, zum Beispiel für Parkplätze, gerät der Kfz-Verkehr an seine Grenzen“, gesteht das Bezirksamt ein. Stadt und Land hat derweil angekündigt, Informationsveranstaltungen für Anwohner zu organisieren sowie weitere Fragen auf www.stadtundland.de/neubau-hassoweg-nelkenweg zu beantworten und sukzessive zu ergänzen.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 101× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 82× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 170× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 564× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.