Die Gagfah machte das Dorf zur Stadt
Ausstellung zur Geschichte der Wohnsiedlung an der Ortolfstraße

Hobbyhistoriker Ronald Seiffert hat die Ausstellung zur Gagfah-Siedlung gestaltet. | Foto: Ralf Drescher
7Bilder
  • Hobbyhistoriker Ronald Seiffert hat die Ausstellung zur Gagfah-Siedlung gestaltet.
  • Foto: Ralf Drescher
  • hochgeladen von Ralf Drescher

Kunibertstraße, Ortolfstraße und Wolfmarsteig erhielten ihre Namen vor rund 80 Jahren. Die Straßen entstanden beim Bau der Gagfah-Siedlung.

Im vorigen Jahr wurde die Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten 100 Jahre alt. Seine Spuren hat das Unternehmen auch in Altglienicke hinterlassen. Um 1930 war das noch eher ein beschauliches Dorf. Dann wurden Ackerflächen parzelliert. Dort entstand ab 1934 die Gagfah-Siedlung.

„Das Unternehmen hat damals Wohnungen für Familien aus einfachen Verhältnissen gebaut. Die mussten einen Bausparvertrag abschließen, einen Eigenanteil zahlen und haben die geplanten Reihenhäuser dann abbezahlt“, erklärt Ronald Seiffert vom Museum Altglienicke. Im Vorfeld des Jubiläums hatte sich der Hobbyhistoriker mit der Geschichte der Gagfah in Altglienicke befasst und zahlreiche Dokumente und Fotos zusammengetragen. Dafür hatte er im Frühjahr 2018 die rund 450 Wohnungen der Siedlung mit einer Wurfsendung über sein Anliegen informiert. Immerhin 15 Bewohner meldeten sich, fünf Familien steuerten umfangreiche Dokumente bei. „Da waren sogar private Fotos und die Verträge und Bausparurkunden der Vorfahren aus den 30er-Jahren dabei“, freut sich Ronald Seiffert.

Die Urkunde von Herbert Gottschall zum Beispiel zeigt, dass auch ein Hauskauf für einfache Leute nicht ganz billig war. Der Kaufpreis für das Haus und das rund 500 Quadratmeter große Grundstück ist mit 12 278 Reichsmark beziffert. Davon wurde der größte Teil über zwei Hypotheken finanziert, ein Eigenanteil von 1831 Mark wurde sofort fällig. Monatlich waren dann rund 54 Mark abzuzahlen, nach rund 20 Jahren waren die Häuser Eigentum der Bewohner geworden. „Nach dem Krieg gab es allerdings Versuche, einen Teil von ihnen zu enteignen, weil sie als Nazis eingestuft wurden“, erzählt Ronald Seiffert.

Der Hobbyheimatforscher hat viel in Altglienicke fotografiert. Um die Gagfah-Siedlung und die nach 1990 entstandenen Neubauten gemeinsam aufs Bild zu bekommen, ist er sogar auf den Schornstein des örtlichen Heizwerks geklettert.

Diese Fotos und zahlreiche Dokumente aus dem Besitz der Siedler sind in die aktuelle Sonderausstellung des Museums Altglienicke im Bürgerhaus eingegangen. Eine zusätzliche Tafel wird jetzt noch mit Fotos aus dem früheren Tante-Emma-Laden der Siedlung gestaltet. Diese Bilder hatte Seiffert erst nach der Eröffnung der Ausstellung erhalten.

Die Gagfah gibt es übrigens nur noch auf dem Papier. Die Gemeinnützigkeit wurde bereits 1990 aufgehoben, das Unternehmen mehrfach verkauft. Heute ist sie als Gesellschaft nach Luxemburger Recht Teil des Immobilienkonzerns Vonovia.

Die Ausstellung „Geschichte der Gagfah-Siedlung Altglienicke“ ist noch bis 31. März im Bürgerhaus Altglienicke, Ortolfstraße 182, erste Etage, zu sehen. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 13 bis 21 Uhr. Führungen gibt es an gleicher Stelle am 27. Januar, 24. Februar und 31. März jeweils von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.

Wissenswertes unter www.altglienicke24.de.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

15 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 171× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 124× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 178× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.517× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.