Den Opa mit ins Büro bringen?
Doppelbelastung durch Pflege und Beruf in der Diskussion

Karsten Dietrich fordert endlich mehr für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu tun. | Foto:  Bernd Wähner
  • Karsten Dietrich fordert endlich mehr für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu tun.
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Immer mehr Berufstätige haben Eltern oder Großeltern zu pflegen. Die Doppelbelastung zwingt so manchen in die Knie. Der Wirtschaftskreis Hohenschönhausen-Lichtenberg (WKHL) fordert, endlich mehr für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu tun.

Während eines Kultursalons ging es kürzlich genau um diese Thema. Experten, Unternehmer und Betroffene haben Lösungen diskutiert. „Wir haben alle Fakten auf dem Tisch. Wir kennen die Bedingungen für ein würdevolles Altern und wir sehen, wie sich die Arbeitswelt verändert“, beschreibt Karsten Dietrich, Vorstandsvorsitzender des Wirtschaftskreises, die Situation.

„Während bei der Elternzeit für Beschäftigte und Arbeitgeber alles planbar und gut geregelt ist, ist es bei der Pflegezeit genau anders: Es kommt ad hoc“, macht Petra Kather-Skibbe von der Beratungseinrichtung Kobra deutlich. Kather-Skibbe ist seit 20 Jahren auf Fragen der Arbeits- und Organisationsgestaltung spezialisiert und kennt das unübersichtliche Dickicht der Regelungen rund um die Pflege. Als Beraterin weiß sie: „Es kommt auf individuelle Absprachen an.“

Torsten Eckel, Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft Solidarität eG, hat unter seinen Mitarbeitern eine Umfrage durchgeführt. Ergebnis: Für ein Viertel der Belegschaft ist die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ein wichtiges Thema. Die Genossenschaft hat reagiert: Mitarbeiter, die sich um Angehörige kümmern, können zum Teil mobil arbeiten und es gibt eine flexible Arbeitszeitgestaltung bis hin zu freien Tagen. Unternehmen seien aber oft noch zu defensiv, findet Eckel. „Oder haben Sie schon mal eine Stellenanzeige gesehen, in der Pflegesensibilität eine Rolle spielt?“

Für Christian Pälmke von der Fachstelle Pflegende Angehörige zeigt sich bei der Vereinbarkeit oft die „große Stärke der eher kleineren Betriebe.“ Dort würden sich die Beschäftigten sehr gut kennen. Das ermögliche kreative Lösungen. Petra Kather-Skibbe empfiehlt, sich frühzeitig über alle Möglichkeiten zu informieren, auch damit „Arbeitgeber nicht überfahren sind“, wenn ein Pflegefall eintritt. Hilfe gibt es auf www.pflegezeit-berlin.de und in den Berliner Pflegestützpunkten.

WKHL-Vorstand Karsten Dietrich spielt den Ball ins Feld der Politik: „Die Lösung kann nicht allein bei den Familien liegen. Sie kann auch nicht allein bei den Unternehmen liegen.“ Für Christian Pälmke ist ein Pflegegeld analog zum Elterngeld die zeitgemäße Antwort. Die Lohnersatzleistung könnte aus Steuermitteln finanziert werden. „Schön wär‘s, wenn eine Quelle reicht“, merkt Karsten Dietrich an. Er spricht sich dafür aus, dass Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Krankenkassen, Pflegekassen und der Staat ein „echtes“ Pflegegeld gemeinsam finanzieren. Das dürfe aber nicht in gigantischen Behörden-Aufwand ausarten.

Zum Abschluss des Kultursalons warfen zwei Schauspieler mit ihrem Improvisationstheater ein Schlaglicht darauf, wie es um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf 2021 bestellt ist. In einer Szene bringt eine Mitarbeiterin wie selbstverständlich ihren gebrechlichen Großvater im Rollstuhl mit ins Büro. Die verwunderte, ja ablehnende Reaktion ihres Kollegen zeigt: Der Opa im Büro kann wohl nicht die Antwort auf eine älter werdende Gesellschaft sein.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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