Auf ins Wasser

Auf ins Wasser

Fast dreißig Grad schon am frühen Morgen, bei klarem Himmel und DEM Sonnenschein, da brauchen wir keinen Urlaubsflieger, da gibt es nur eins, raus aus der Stadt, an und ins Wasser. Wir fahren an jenen See, der einer Sage nach unendlich tief ist, so dass Feen schon mal entschwanden und das Glück mitnahmen.
Mit Fahrrad und S-Bahn, schnell zu erreichen, so kann die Umwelt – no Auto - mit uns und wir mit ihr zufrieden sein. Dann sind wir bei ihm, dem Bötzsee, ein Natursee, circa vier Kilometer lang, 400 Meter breit. Das sind anders ausgedrückt ca. 87 Fußballfelder. Auf einer Grundmoränenplatte aus der Eiszeit liegt er – Wasser, umsäumt von Laub- und Nadelbäumen, das ist „Badewannenwasserqualität“! Es liegt tatsächlich ein wenig Duft wie Nord- oder Ostsee in der Luft, als wir das Schwimmbad betreten.

Motorboote nicht erlaubt, auf das Wasser dürfen rote Gummiboote, Quitsch - Entchen, Solarboote, Elektroboote, Ruderboote, Tretboote, Luftmatratzen, Dinos und anderes Getier aufgeblasen, keine Segelboote. Damit dankt das Wasser mit einer hervorragenden Güte, Prädikat „besonders wertvoll“. Am Uferrand gelbe Teichrosen, breitblättrige Rohrkolben, Kalmus wechseln sich mit Wasseraloe ab, das gemeine Schilfrohr immer in Bewegung, fast wie Heilwasser kommt uns der See entgegen, mehr Natur geht nun wirklich nicht.

Wir kommen, Kräuselwellen hier und da, das wird ein toller Badetag. Bilden uns ein, mit zu den Ersten zu gehören und sehen, an anderen Tagen vielleicht, heute nicht. Alles zwischen Himmel und Hölle scheint auf den Beinen zu sein, um den Sonnen-Sommer-Tag für sich einzufangen. Sandstrand wo bist du? Ist er nicht mehr vorhanden? Liegewiese, ist das nicht eine grüne Fläche, wo ist die denn? Kuckuck hier bin ich, ein Grashalm, nur noch Platz für eine Ameise, die - wie es scheint - den Halm als Aussichtsturm nutzt. Aber das Wasser, das sehen wir. Nun denn, hinein. Da ist ausreichend Platz, das Wenige, was wir anhaben, in den Baum gehängt. Nicht uncool, so sehen wir von überall sogar unsere Klamotten, ab ins Wasser.

Das geht nur über den Nichtschwimmer-Bereich, durchs flache Wasser - wir sind ja in einem Naturbad und nicht in einem Chlorbecken - hier wimmelt es nur so von Armen und Beinen der Gören. Dann ist es geschafft, ab ins Tiefe zum Schwimmen. Hier ist die große Bewegungsfreiheit, da stört uns keiner, da die Wenigsten schwimmen, es nicht können oder wollen, wer weis es schon. Das Großartige, dem Schwimmern sind keine Grenzen gesetzt. Ans andere Ufer das geht, Rundkurs geht auch, der Körper bestimmt wann, wo aufgehört wird. Hier zu schwimmen ist für Leib und Seele wie ein Jungbrunnen, man kann sich Zeit lassen, toten Mann spielen, nach dem Glück der Feen tauchen, bei einer Sichttiefe bis fast vier Meter unter Wasser. Ist das eine Wonne!

Nach dieser sehr wohltuenden Erfrischung ab zur Liegewiese, nur mit Liegen wird hier immer noch nichts. Stehen ja, aber wir wollten uns doch die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, was nun? Nach Schielen hierhin, Gucken dorthin, rückt jemand einige Zentimeter in den Schatten, so entsteht ein kleiner freier Bereich für unsere Decke, da wir glücklicherweise davorstanden, wurde schnell die Decke ausgebreitet. Jetzt ist Ruhe und Entspannung angesagt. Leicht ermattet nach dem Schwimmen liegen wir nun in der Sonne.
Kinder über Kinder, ruhige, ängstliche, besonnene, laut krähende, tobende. Für sie ist so ein Strandbad wie geschaffen, ins Wasser rein - wieder raus, aufs Sprungbrett, Arschbombe, alle in der Nähe bekommen etwas davon ab. Anstellen an der Rutsche, platsch ins Wasser, Tauchen einen anderen, am besten ein Mädchen, ins Bein zwicken, die erschrecken, quieken dann so schön laut zur Freude aller. Die Alberei kennt keine Grenzen. Man kann auch Mama und Papa erschrecken, weil die Luft unter Wasser beim Tauchen lange angehalten wird und halb blau nach soooo langer Zeit wieder erschienen wird. Gummitiere umkippen, sich von unten an den Schwimmring hängen macht auch viel Spaß. Schubsen im Wasser, richtige große Wasserspritzer, für die anscheinend Wasserscheuen immer wieder ein Erlebnis. Sandkleckerburgen der Anderen zertrampeln, wenn man aus dem Wasser kommt und - angeblich - torkelig ist. Das alles unter den Augen von Mama und Papa, die vor Staunen den Mund nicht wieder zubekommen über ihre „doch so lieben Kleinen“. Da, da schreien die kleinen Gören auf einmal, ein Froschkönig, wie schön, wo ist denn hier ein Brunnenrand, hinter der Rutsche oder vorn beim Bademeister. Wir gehen mal schnell suchen, dummes Zeug rufen die klugen zehnjährigen Jungs ihren kleinen Geschwistern zu, der ist doch nur durch die Seerosen und Rohrbomben geschwommen.

An manchen Tagen, wenn am Strand nicht so viel los ist, watscheln die Enten in aller Ruhe zwischen dem sich bräunenden Völkchen zum Vergnügen der Jüngsten umher. Eine Kleinigkeit ihnen geben, das klappt, aber streicheln, das wird nichts, es sind und bleiben eben liebe Enten, die wild sind. Den Besuch dieses Federviehs sehen die Großen, zum Leidwesen der Kleinen, gar nicht so gerne, da sie nur den Strand wie sie sagen, bekleckern.

Der schönste Augenblick des Tages? Der Sonnenaufgang. Ringsum Stille. Die Wasserfläche glatt wie ein Spiegel. Ab und zu ein leises Plätschern. Ein Fisch? Ein Frosch? Eine Ringelnatter? Ein Schwanenpaar gleitet anmutig langsam durchs Wasser, ohne jegliches Geräusch, sie bewegen sich kaum, schaut man nicht genau hin, hält man sie für zwei aufgeblasene Gummitiere, übrig geblieben vom gestrigen Badetag, die Espen säuseln leis in den Tag. Diese Geräuschlosigkeit, Balsam für den gestressten Körper, es geht nicht anders, man muss ins Wasser, schwimmt dem beginnenden Tag entgegen, bevor der große Ansturm wieder einsetzt. Die Wildenten sind natürlich mit dabei schnattern ein Guten Morgen. Um die Wette mit ihnen zu schwimmen bringt wenig bis gar nichts. Sieger sind immer sie, obwohl sie nebenher fleißig den Kopf mehr unter als über dem Wasser haben. Manchmal kommt ein Haubentaucher vorbei, aber schwuppdiwupp ist er wieder verschwunden und taucht meilenweit entfernt wieder auf, guter Unterwasserspezialist. So beginnt wieder einmal ein neuer Sommertag.

Was dann, wenn die Sonne es an einem Tag nicht so gut meint. Dann bleibt uns die Wanderung um den See, durch einen abwechslungsreichen Wald immer noch erhalten. In drei Stunden begegnen uns viele Vögel, die wir in der Stadt nicht sehen, die anmutige Bachstelze, das kleine hüpfende Rotkehlchen, Specht, Drossel, Eichelhäher u. a.

Was heißt hier „Male“ Urlaub – Bötzsee ist der Geheimtipp für die zu Haus Gebliebenen.

Autor:

Werner Friedrich Kresse aus Biesdorf

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