Nach 13 Jahren droht das Aus: Bezirksamt will Britzer Weinplantage schließen

Viktor Sucksdorf versteht die Welt nicht mehr. Er soll seine 1000 Weinstöcke abholzen. | Foto: KT
  • Viktor Sucksdorf versteht die Welt nicht mehr. Er soll seine 1000 Weinstöcke abholzen.
  • Foto: KT
  • hochgeladen von Klaus Teßmann

Britz. Am Britzer Koppelweg gibt es etwas ganz Besonderes: Zwischen einer alten Gärtnerei, schmucken Siedlungshäusern und Kleingärten gibt es eine Plantage mit rund 1000 Weinstöcken. Doch die soll Winzer Viktor Sucksdorf nun abholzen. Er versteht die Welt nicht mehr.

Sucksdorf ist Experte: "Mein Urgroßvater war Winzer, der Großvater, mein Vater und ich auch", sagt er. Im Jahr 1997 kam der Spätaussiedler aus Moldawien mit der Familie nach Neukölln und machte erst einmal ein Praktikum bei Bauer Lehman in Marienfelde.

Dabei startete Sucksdorf den Versuch und pflanzte einen Rebstock. Der Wein wuchs prächtig. "Ich habe in Neuköllner Archiven entdeckt, dass es an der Blaschkoallee noch im 17. Jahrhundert einen Weinberg gegeben hat." In ihm keimte die Idee, selbst einen Weingarten anzulegen. Es gab Unterstützung vom Bezirksamt, und vor 13 Jahren fand er schließlich das passende Gelände am Koppelweg - damals noch völlig vermüllt. Inzwischen reicht die Ernte für rund 12.000 Flaschen Rebensaft.

Nun also soll Sucksdorf seine Weinplantage schließen und die Rebstöcke abholzen. Was ist passiert? Eigentümer des rund 5000 Quadratmeter großen Geländes war und ist der Bezirk, doch Sucksdorfs Pachtvertrag lief bisher immer über die Domäne Dahlem, die das Gelände früher genutzt hat.

Diesen Zustand wollten der Winzer und auch der Förderverein, der sich vor sieben Jahren gegründet hat, beenden. Die Weinfreunde stellten es sich einfacher vor, künftig direkt mit dem Bezirk zu sprechen, kündigten die Zusammenarbeit mit der Domäne auf und baten das Bezirksamt um einen neuen Vertrag.

Dann die böse Überraschung: Kein neuer Kontrakt flatterte ins Haus, sondern die Aufforderung, das Gelände zu räumen. Als Begründung gab Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) an, Berlin gelte nicht als Weinanbaugebiet; mehr als 100 Rebstöcke anzubauen, sei nicht erlaubt. Außerdem sei das Gelände ein künftiger Schulstandort. Diese Kündigung zu schicken, war wohl eine der letzten Amtshandlungen des scheidenden Bürgermeisters.

Bitter für Sucksdorf. Gerade von Heinz Buschkowsky hat er das nicht erwartet. Er erinnert sich daran, dass der sich beim jährlichen Fest immer gerne mit der Weihkönigin fotografieren ließ. "Im Mai 2011 hat er uns noch 900 Euro Sachmittel übergeben, damit wir neue Weinstöcke anpflanzen können." Und auch am 10. Geburtstag am 8. September 2012 feierte der Bürgermeister mit.

Die ganzen Jahre über sei der Weingarten ein Aushängeschild für Neukölln gewesen, Schulklassen hätten sich hier informiert, Nachbarn das Projekt unterstützt. "Wir haben mit dem Geld des Bezirks das Weingut angelegt, nun soll alles weg." Für ihn ist das Verschwendung von Steuermitteln.

Eins scheint überdies klar zu sein: Ein Schulneubau ist nicht in Sicht. Bildungsstadträtin Franziska Giffey (SPD) antwortete kürzlich auf die Anfrage eines Bezirksverordneten, dass dieses Projekt in "absehbarer Zeit" nicht auf der Agenda stünde.

Viktor Sucksdorf will nicht aufgeben. "Wir haben mit sozialen Projekten zusammengearbeitet, wir haben immer gut mit dem Bezirksamt zusammengearbeitet." Er ist in diesen Tagen viel unterwegs, spricht mit den unterschiedlichen Fraktionen in der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung und hofft auf die neue Bürgermeisterin, die wahrscheinlich Franziska Giffey heißen wird.

Klaus Tessmann / KT
Autor:

Klaus Teßmann aus Prenzlauer Berg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 171× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 123× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 178× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.517× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.