Preußenpark am Fehrbelliner Platz
Bürgerbeteiligung

Preußenpark (Wikipedia Commons Dguendel)
  • Preußenpark (Wikipedia Commons Dguendel)
  • hochgeladen von Michael Roeder

Schon immer haben Bürger auf die Tätigkeit ‚ihrer‘ Verwaltung Einfluß zu nehmen versucht – um sie von einem Vorhaben abzuhalten oder zu einem Vorhaben zu veranlassen. Davon zeugen die vielen Bürgerinitiativen, von denen auf der Seite des Bezirksamtes 44 dort namentlich bekannte genannt werden.

Nach dem Gesetz

Das Bezirksverwaltungsgesetz (BezVerwG) regelt in den §§ 40-47 die „Mitwirkung der Einwohnerschaft“ und erklärt sie zu einem „Prinzip der Selbstverwaltung der Bezirke“ (§ 40). Vor zehn Jahren, zu Beginn seiner Amtszeit, brachte Bezirksbürgermeister R. Naumann (SPD) dieses demokratische Prinzip so auf den Punkt:

Liebe Bürgerinnen und Bürger, in Charlottenburg-Wilmersdorf wird Bürgerbeteiligung groß geschrieben. Sie sollen mit reden und mit entscheiden können, was in Ihrem Bezirk geschieht. … Mischen Sie sich ein! Ich freue mich darauf. Ihr Bezirksbürgermeister*

Damit die Bürger das können, müssen sie frühzeitig über die Pläne der Verwaltung Bescheid wissen. Daher bestimmt § 41 im Kern, daß Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und Bezirksamt „verpflichtet“ sind, die Einwohner bei wichtigen Vorhaben „rechtzeitig“ zu unterrichten und ihnen „Gelegenheit zur Äußerung“ zu geben.
Der Bezirk Mitte hat diese gesetzliche Pflicht mit einer Vorhabenliste umgesetzt, damit die Bürger umfassend und „frühzeitig über Planungen von Politik und Verwaltung im Bezirk Kenntnis und grundlegende Informationen erhalten“. Außerdem wurde ein Büro für Bürgerbeteiligung eingerichtet „als Anlaufstelle für alle Fragen und Anliegen rund um das Thema Bürgerbeteiligung“.

Und unser Bezirk?

In der Praxis

In unserem Bezirk hatte die in BVV und Rathaus tonangebende und von der Linkspartei unterstützte Zählgemeinschaft aus SPD und Grüner Partei am 14.11.2016 vereinbart: „Die Kultur der Bürgerbeteiligung wollen wir weiter entwickeln und stärken.“ (S. 2) und „Als erster Schritt soll … eine ‚Vorhabenliste‘ … aufgebaut werden.“ (S. 8) Dieser „erste Schritt“ wurde bis heute nicht getan. Das sieht Naumann nicht als Mangel. Auf Anfrage teilte er am 5.7. mit:

Die Unterrichtung der Einwohnerschaft erfolgt über alle geeigneten Informationskanäle, sei es durch die eigene verwaltungsmäßige Infrastruktur (u.a. Aushänge, Informationsblätter) als auch durch die Nutzung anderer Medien (u.a. lokale Medien, soziale Netzwerke).

Wie sieht diese Unterrichtung der Einwohnerschaft dort aus, wo sie – ganz unabhängig von Ort, Zeit oder Netzwerkzugehörigkeit und für jedermann erreichbar – stattfinden könnte, nämlich auf der Seite des Bezirksamtes? Dort ist unter „Bürgerbeteiligung“ ein einziges aktuelles Projekt aufgeführt. Auf der bezirksfernen Plattform „mein.Berlin.de“ gibt es sechs Suchergebnisse (Stand 9.7.2021). Eine umfassende und frühzeitige Aufstellung, die einer ‚Vorhabenliste‘ ähnelt – den „ersten Schritt“ zur Bürgerbeteiligung – gibt es also nicht.**

... am Beispiel Preußenpark

Sind die von Naumann genannten Wege der Information dennoch geeignet, die Bürger in die Lage zu versetzen, daß sie „mit reden und mit entscheiden können“? Dies sei überprüft an einem der sechs Vorhaben in „mein.Berlin.de“, nämlich der „Neugestaltung des Preußenparks“. Ausführlich wird dort über zwei Phasen der Bürgerbeteiligung berichtet; zum „Townhall-Meeting“ vom 24.6.2021 liegt ein Video*** vor. Offensichtlich wurde und wird dort in vielen Formaten viel geredet. Das könnte das Kriterium „mit reden“ erfüllen. Und wie steht es mit dem „mit entscheiden“? Dazu heißt es in der „Dokumentation der Online-Fach-Gespräche Datum 21.05.2021“, verfaßt vom beauftragten Unternehmen (S. 7):

Grundsätzlich wurde der Erhalt des Markts und die Beschränkung (zeitlich / räumlich) befürwortet, allerdings wurde von einigen Teilnehmenden die Lage (in einer Grünanlage, auf einer Teilfläche des Rondells) kritisiert und die Prüfung einer Verlegung auf Flächen außerhalb des Parks angeregt (z.B. Parkplatz, auf der Straße). Die Entscheidung über die Integration des Markts in die Neugestaltung des Parks wurde jedoch bereits 2018 mit Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung abgestimmt und ist somit zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verhandelbar.***

Folglich ist „mit entscheiden“ auf denjenigen Gestaltungsbereich beschränkt, den die BVV mehrheitlich (SPD, Grüne und Linkspartei) am 30.8.2018 (Drucksache 0813/5) durch Beschluß vorgegeben hatte: „Thaiwiese mit Zukunft – ein gemeinsames Konzept für den Preußenpark“. Ausgeschlossen sind Bedenken von Kritikern, darunter die Initiative Preußenpark, die die Versiegelung von Teilen des Parks durch Verkaufsfläche und Neubau eines Betriebsgebäudes und die zunehmende Unterversorgung der Anwohner mit ortsnahem Grün betreffen sowie den Vorschlag zur Verlegung des Marktes auf eine bereits versiegelte Fläche. Für diese Vorstellung vom Preußenpark ist „mit bestimmen“ ausgeschlossen.

Aus juristischer Sicht wäre im übrigen prüfenswert, ob der BVV-Beschluß gegen § 41 BezVerwG verstieß, wonach den Bürgern „Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden (soll)“: In der BVV-Sitzung vom 30.8.2018 hatten Bürger kein Rederecht; in der Sitzung des Ausschusses für Bürgerdienste usw. vom 26.6.2018, in die der Beschlußantrag eingebracht und abschließend beraten wurde, zwar mit Zustimmung der Ausschußmitglieder, aber es wäre wohl nicht angemessen, dies als „Gelegenheit zur Äußerung“ im Sinne des Gesetzes auszulegen.

________________________________
* Diese und alle weiteren Hervorhebungen in Zitaten durch den Verfasser.
** Über viereinhalb Jahre nach der Absichtserklärung vom November 2016 verweist Naumann darauf, daß sich „aktuell ein Büro für Bürgerbeteiligung im Aufbau befindet“; und Stadtrat A. Herz (CDU) teilt in seiner Antwort auf Einwohnerfrage 11 vom Mai 2021 mit, zu dem vom Büro zu erarbeitenden „Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit ... könnte auch die Veröffentlichung von Vorhabenlisten zählen“.
*** Beachtet sei der Umgang der Verwaltung, vertreten durch Bürgermeister Naumann, mit einer Anwohnerin, die seiner Aufforderung „Mischen Sie sich ein!" folgt: Sequenz von 1:59:03 bis 2:03:50.

Autor:

Michael Roeder aus Wilmersdorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

16 folgen diesem Profil

3 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 760× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 782× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 473× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 42.500 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade und Mariendorf. Damit können weitere rund 42.500 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt zwei Millionen Anschlüsse in Berlin zu ermöglichen. Schnell sein...

  • Frohnau
  • 11.12.24
  • 922× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.855× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.