Logistische Meisterleistung
Das neue Abwasserpumpwerk in der Sophie-Charlotten-Straße nimmt Gestalt an

Vorbereitung ist für Taucher alles. Sie müssen in den Arbeitspausen übrigens richtig viel trinken, weil ihr Knochenjob ihrem Körper sehr viel Flüssigkeit entzieht. | Foto: Matthias Vogel
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Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) bauen für 68 Millionen Euro ein neues Abwasserpumpwerk in der Sophie-Charlotten-Straße. Hinter der Kapazitätserweiterung steckt ein komplexes Bauvorhaben, das im September 2021 in Probebetrieb gehen soll.

Projektleiterin Marina Boldt ist gut gelaunt. Das verwundert, denn diese Baustelle wirkt für Laien eher wie ein riesengroßes Wimmelbild. Hier plumpst Sand von einem Förderband in die Tiefe, wo ein Bagger gerade zu Werke ist, eine Pumpe saugt über eine Rohrkonstruktion pausenlos Beton aus einem Laster nach dem anderen. „Hey!“ schreit einer der Fahrer. „Ein bisschen schneller bitte!“ Im Weg stehen, das ist auf diesem engen Raum schnell passiert. Dennoch scheint alles wie beabsichtigt zu laufen.

Arbeiten liegen im Plan

„Jeden Tag stehen wir vor neuen Herausforderungen, das ist anstrengend, aber sehr spannend“, sagt Boldt. Bezüglich der Straßenbauarbeiten liege man im Zeitplan, bezüglich des Pumpwerks sei man der Planung sogar um 14 Tage voraus.

100 Betonmischer-Ladungen an nur einem Tag

Zum Beleg für ellenlange To-do-Listen beschreibt Boldt das heutige Programm: In der mit Stahlwänden bewehrten Baugrube auf dem Grundstück des ehemaligen Charlottenburger Güterbahnhofs steht das Grundwasser hoch. Auf den Boden soll eine Sohle aus 300 Kubikmetern gegossen werden. Boldt erwartet deshalb 100 Betonmischer-Ladungen – nur an diesem Tag. Dafür also die Betonpumpe. Zwei Arbeiter stehen auf einer schwimmenden Plastikinsel und messen durchgehend die Dicke der Sohle. Drüben in der aufgerissenen und ausgekofferten Sophie-Charlotten-Straße springt ein Taucher ins Grundwasser, um das gleiche Niveau zwischen dem alten und dem neuen Kanalfundament herzustellen, die Sohle zu formen – ein Knochenjob. „Das kann man sich gerade noch nicht vorstellen, aber wir machen das, um eine trockene Baugrube zu bekommen“, sagt Boldt. Habe der Beton abgebunden, dichte er die Grube gegen Grundwasser ab.

Ein bisschen wie Lego

Auf der ausgehärteten Schicht soll dann ein Abzweig des gewaltigen Mischwasserkanals zusammengebaut werden, der unter dem Belag der Sophie-Charlotten-Straße liegt, aus dem Süden kommt und bis dato überschüssiges Abwasser in die Spree leitete. „Die Installation funktioniert ein bisschen wie Lego“, sagt BWB-Sprecher Stephan Natz. Der Glaube daran fehlt, das Rohr hat einen Durchmesser von stolzen 2,40 Metern.

Das alte Pumpwerk auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist 129 Jahre alt und hat ausgedient. Das neue Auffangbecken fasst 7000 Kubikmeter Abwasser, 4000 mehr als das alte. Damit sollen bei Starkregenereignissen die massiven Überläufe in die Spree verhindert werden – gut für die Umwelt. Westend wird von diesem, zweitgrößten der 164 Berliner Abwasserpumpwerke abgekoppelt, im Einzugsgebiet werden aber immerhin noch 100 000 Einwohner versorgt. „Eine Großstadt“, stellt Natz nüchtern fest.

Mit Netz und doppeltem Boden

Weil daher während des Probebetriebs nichts schiefgehen darf, spannen die BWB das Netz und zimmern den doppelten Boden. „Wir haben hier sehr viel zweifach zu liegen, weil wir das alte Pumpwerk erst dann endgültig vom Netz nehmen, wenn das neue einwandfrei funktioniert.“ Das soll Ende 2021 der Fall sein. Betrieben wird auch das neue Pumpwerk mit Strom. „Wir beziehen Ökostrom, sind aber am Berliner Stromnetz angeschlossen, weil das die richtigen Leitungen für uns hat“, erklärt Natz. Warum er die Presse einbestellt habe? „Bald sind diese Räume und Formen nicht mehr sichtbar, weil das meiste unter der Erde verschwindet." 16 Meter hohe Schornsteine zeugen davon, was unterirdisch los ist. „Es ist ja bekannt, dass bei Starkregen gerne einmal die Kanaldeckel hochhüpfen. Die Schornsteine verhindern, dass die Decke des Werks hochhüpft“, sagt Natz.

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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