Neuer Marktreport: Wohnkosten verfestigen sich auf sehr hohem Niveau

Wer umziehen muss, zahlt drauf: Im Bereich der Kantstraße kletterten die Mieten stellenweise um 40 Prozent binnen vier Jahren. | Foto: Thomas Schubert
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Charlottenburg-Wilmersdorf. Im City-West-Bezirk wuchsen die Mieten 2016 zwar moderat auf knapp über 10 Euro nettokalt. Punktuell ist die Lage jedoch kritischer: Der Ludwigkirchplatz kommt nun unter die Top Drei Berlins. Und in der Sybelstraße gehen 40 Prozent des Einkommens an den Vermieter.
Prenzlauer Berg ist teurer, Friedrichshain zog vorbei, ja selbst das Wohnen im Norden Neuköllns kostet inzwischen mehr als in einer mittleren Charlottenburger Lage. Erleichterte Mieter? Die wird bei der preismäßigen Großwetterlage trotzdem niemand finden.

Die Szene zieht woanders hin

Im neuen Marktreport von Immobiliendienstleister CBRE und Berlin Hyp ergab sich nach Auswertung von 83 000 Mietwohnungsangeboten aus dem vergangenen Jahr folgendes Bild: In der Gesamtheit aller Berliner Bezirke stiegen die Mieten pro Quadratmeter 2016 abermals um 5,6 Prozent, erreichten 9 Euro nettokalt. Auf hohem Niveau hat sich der Anstieg in Charlottenburg-Wilmersdorf dabei verflacht. Hier stiegen die Forderungen binnen zwölf Monaten um "nur" 2,7 Prozent auf 10,21 Euro. Damit fällt der Bezirk nicht nur hinter Preisprimus Friedrichshain-Kreuzberg (11,40 Euro) zurück, sondern auch auch hinter Mitte (10,48).
Der Marktreport nennt dafür zwei Gründe: Jüngere Gutverdiener aus dem In- und Ausland bevorzugen Szenegegenden im östlichen Innenbereich des S-Bahnrings. Charlottenburg-Wilmersdorf ist lediglich die „etablierte und ausgereifte“ Alternative. „Zudem sind in den gutbürgerlichen Altbauvierteln die Wohnungen besonders groß und die Gesamtkosten pro Wohnung weit höher als in Vierteln, in denen vor über hundert Jahren meist kleinere Arbeiterwohnungen entstanden sind“, heißt es in der Analyse.
In besonderem Maße gilt das für die Prestigegegend rund um den Ludwigkirchplatz, wo Mieter besonders viel Platz zu gesalzenen Preisen finden. „Mietniveau und Größe führen zu der stadtweit dritthöchsten mittleren Warmmiete für eine Wohnung von 1466 Euro pro Monat“, stellen die Experten fest. Geringere Kaufkraft bei ähnlichen Preisen hat im Viertel an der Sybelstraße eine besonders krasse Wirkung: Mieter geben fast 40 Prozent ihres Einkommens für das Wohnen aus.

Mietpreisbremse ausgehebelt

Nördlich und südlich des Stuttgarter Platzes, rund um den Savignyplatz, südlich des Ku’damms – hier unterschreibt niemand einen neuen Mietvertrag, ohne die 11-Euro-Marke pro Quadratmeter zu knacken. In Citylage nutzen Eigentümer besonders gerne eine Schwäche der Mietpreisbremse.

Du zahlst, wo du wohnst – diese Devise gilt in Charlottenburg-Wilmersdorf ebenso wie für alle anderen Bezirke. Während Außenstehende die Stadtviertel zwischen Zoo und und Grunewald oft nur als homogene, gutbürgerliche Masse betrachten, offenbaren sich im Detail betrachtet große Differenzen. Nirgends stiegen die Mieten seit 2012 so stark wie in der westlichen Kantstraße – hier betrug die Verteuerung über 42 Prozent. Preislich im Keller bleiben die Zahlen in Charlottenburg-Nord, wo Nachkriegsbauten für deutlich unter 8 Euro nettokalt in der Liste stehen.

Möbliert vermieten

Wohnlagen innerhalb des S-Bahnrings stehen beim Verhältnis Kaufkraft zu Kosten generell stärker unter Druck als die Ortsteile außerhalb. Hier verwenden Vermieter nach Erkenntnissen der Fachleute von CBRE und Berlin Hyp vermehrt einen Kniff, um die Preisdeckelung durch die gesetzliche Mietpreisbremse zu umgehen: sie vermieten Wohnungen möbliert. Bereits 37 Prozent aller Angebote in Charlottenburg-Wilmersdorf fielen in diese Kategorie – nur im Bezirk Mitte war die Quote noch höher. Es gilt: Je zentraler die Wohnadresse, desto größer die Chance, Mieter zeitlich befristet mit Rundum-sorglos-Angeboten an sich zu binden.

„Möblierte Wohnungen werden vielfach inklusive Nebenkosten, Serviceleistungen, Internetgebühren oder ähnlichem vermietet“, beschreibt der Marktreport das Phänomen. „Für Berufspendler, Studenten oder zeitlich befristete Angestellte bieten sie damit viele Vorteile.“ Auch der Vermieter freut sich, darf er doch in einem solchen Fall mehr Geld einstreichen als die Mietpreisbremse erlaubt.

Unter der Rubrik „Niedrigmieten in kaufkraftschwachen Gebieten“ fasst die Analyse das Marktgeschehen am Mierendorffplatz und in Charlottenburg-Nord zusammen. „Die Mittelwerte der Haushaltskaufkraft und der Wohnungsgrößen sowie die Wohnkostenquote sind mit Abstand die niedrigsten im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf“, kommentiert der Report Angebote rund um den Halemweg, stellt aber zugleich fest: „Die beiden Stadtautobahnen im Gebiet erhöhen die Wohnqualität nicht.“ Mit Geduld und Glück kommt man dafür an Wohnungen zu Quadratmeterpreisen wie in Spandau oder Marzahn – 6,10 Euro. Neben diesem klassischen Niedrigpreis-Refugium bleibt einkommensschwachen Mietern noch eine Alternative: Das Areal im nördlichen Westend, wo Familien in überdurchschnittlich großen Wohnungen für unter 10 Euro nettokalt heimisch werden.

Ein anderer Geheimtipp hat sich mit den Jahren relativiert: Der Kiez Eichkamp/Heerstraße, ebenfalls in Westend gelegen, präsentiert sich „waldnah und relativ kaufkraftstark, aber verkehrstechnisch und infrastrukturell weniger gut ausgestattet“, lauter der Expertenbefund. „Doch wird die grüne Lage zunehmend entdeckt. Der Anstieg des mittleren Angebotsmietwerts um 15,7 Prozent im Jahr 2016 war der elfthöchste in ganz Berlin. Seit 2012 stieg er um 28,6 Prozent.“ tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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