125 Jahre Bahlsen: Bröhan-Museum zeigt alte Keksdosen

Bleibender Eindruck: Lange nach Verspeisen des Inhalts erfreuten sich Kunden am schönen Anblick der Keksdosen. Jetzt stehen sie in Vitrinen. | Foto: Schubert
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Charlottenburg. Die Verwandlung von britischen "Cakes" zum deutschen Keks wäre vielleicht nie vollzogen worden ohne das Marketing eines Unternehmens aus Hannover. Welchen Aufwand Bahlsen bei der Verpackung von Plätzchen trieb, erschließt sich nun im Bröhan-Museum. "Alte Schachtel" klingt hier wie ein Kompliment.

Appetit anregen - das muss schon im Schaufenster gelingen, dachte sich Hermann Bahlsen. Und so ersann der Urgroßvater des heutigen Firmenchefs kurz nach der Gründung der "Hannoverschen Cakes-Fabrik" im Jahre 1889 ein Konzept, das ihn zum Pionier des Marketings stempelt: Er verzierte die Verpackung seiner Köstlichkeiten mit Kunst.

125 Jahre später, in einer Zeit, da die Hüllen von Produkte Mülleimer füllen, hat die klassische Zierde von anno dazumal ihren Weg in die Vitrine geschafft. Das Bröhan-Museum zeigt ab sofort eine Auswahl der schönsten Keksdosen, die Bahlsen von Künstlerhand gestalten ließ.

"Mir gingen die Augen über", erinnert sich Direktor Tobias Hoffmann an den Schlüsselmoment. In dem Augenblick, als er im Wohnzimmer des Sammlers Felix Brusberg dessen Schätze sah, war es beschlossene Sache, die Schächtelchen gemeinsam öffentlich zu zeigen.

Was Hoffmann in den Dosen sieht, ist "Kunst, die sich nützlich macht". Und der amtierende Geschäftsführer, Werner Bahlsen, lebt heute davon, dass seine Urahn "Cakes" als Markenartikel platzierte, ja schließlich sogar das eingedeutschte Wort "Keks" in den Duden brachte. Wie ein roter Faden zog sich die optische Gestaltung von der Verpackung bis zur Zeitungsanzeige. Und mit der allerersten Leuchtreklame am Potsdamer Platz war Bahlsen auch in dieser Hinsicht seiner Zeit voraus. Doch nicht nur die Optik schien avantgardistisch, erst recht die Technologie. Bahlsen hüllte seine Plätzchen in die erste luftdichte Thermoplastpackung der Welt.

Aber wie wird man eigentlich Dosensammler? Felix Brusberg nennt eine logische Erklärung. "Einer meiner Urgroßväter war Bäcker, der andere Konditor, mein Vater Kunsthändler, ich selbst bin gebürtiger Hannoveraner. Was konnte da anderes herauskommen als ein Sammler künstlerisch gestalteter Bahlsen-Keksdosen?" Freilich fällt es ihm manchmal nicht leicht, mit der Wahrheit herauszurücken. "Ich sammle alte Schachteln", ist kein Satz fürs Rendezvous. Bei Alexandra Panzert, die als Volontärin des Bröhan-Museums für die Ausstellung verantwortlich zeichnet, wäre er auf Verständnis gestoßen. Sie erforschte den "Sonderweg" Bahlsens und stellte heraus, "dass nicht Produkt und Firmennahme zum Wiedererkennungsmerkmal der Dosen wurde, sondern allein die Gestaltung". Ob die Zierde dem Jugendstil, dem Expressionismus oder Konstruktivismus entsprach - man erkannte die Kekse vor dem Kosten. Und nach dem Naschen behielt man die Dosen. Verpackungen, die länger leben als das Produkt - ein Gedanke aus einer anderen Zeit.

Die Ausstellung "Kunst und Keksdose" im Bröhan-Museum, Schloßstraße 1a, ist noch bis zum 9. November zu sehen. Öffnungszeiten: Di-So 10 bis 18 Uhr. Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 5 Euro.
Thomas Schubert / tsc
Bleibender Eindruck: Lange nach Verspeisen des Inhalts erfreuten sich Kunden am schönen Anblick der Keksdosen. Jetzt stehen sie in Vitrinen. | Foto: Schubert
Bleibender Eindruck: Lange nach Verspeisen des Inhalts erfreuten sich Kunden am schönen Anblick der Behälter. Jetzt stecken sie in Vitrinen. | Foto: Schubert
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Thomas Schubert aus Charlottenburg

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