Wenn "Stadtrock" in die Saiten greift
Charlottenburger Alt-Rocker spielen beim Hafenfest im Historischen Hafen
Ein Rechtsanwalt, ein IT-Experte, ein Psychologe und zwei Pädagogen verschwinden im Schatten des Rathauses im zweiten Hinterhof in einem Keller. Verdächtig.
Läuft hier der Deal für eine Gerichtsverhandlung zu einem Fall von Cyber-Kriminalität? Natürlich nicht. Die vier Herren mittleren Alters und ihr junger Computer-Spezialist am Schlagzeug treffen sich in ihrem Proberaum, um gemeinsam Musik zu machen.
Beim Hafenfest im Historischen Hafen auf der Fischerinsel treten sie am Freitag, 31. Mai, auf dem Kahn „Helene“ als „Stadtrock“ auf – eine Band, die 2015 aus der Combo „MuseTunes“ hervorging. „Der Kahn gehört meinem Neffen, so kam das zustande“, sagt Lead-Gitarrist Ulrich Dieckert und fordert seine Band-Mates augenzwinkernd auf: „Los! Jetzt ’ne Rocknummer! Sonst glaubt er, wir wären Weicheier!“ „Should I stay or should I go“ von "The Clash" dröhnt aus den Boxen. Doch, auf jeden Fall! Damit können die Jungs losgehen.
Das mit den Weicheiern hat der Reporter sowieso nicht geglaubt. Er glaubt, dass die fünf "Stadtrocker" authentisch um die Ecke kommen und deshalb ihr Ziel erreichen werden, das Publikum beim Fest zu begeistern, zum Swingen und Schwofen zu bewegen. Im Gepäck wird die Coverband dann Songs wie „Summer of 69“ von Bryan Adams, „Hymn“ von Barclay James Harvest oder „Summertime Blues“ von Eddie Cochran haben. Eine Stärke der Charlottenburger Rocker sind aber die Eigenkreationen. „In ,Berliner Nacht` geht es um das Partyleben in Kreuz-Kölln, das habe ich mit zwei 20-jährigen Frauen geschrieben, die mir erzählt haben, was abgeht“, sagt Gitarrist Dieter Pohler, der gleichzeitig den Manager der Formation gibt. „Willst du eine Eigenkomposition hören?“, fragt Keyboarder Stephan Wolff. Das Nicken quittiert er mit der Ansage: „Da geht es um einen, der nicht weiß, ob er in einem Computerspiel ist oder in der Realität. Ganz schön abgedreht.“ Wolff singt „Leaving through the backdoor“ selber, der Song ist alles andere als von der Stange, geht aber ins Ohr – Besucher des Hafenfest können sich freuen.
Die fünf "Stadtrocker" spielen ihre Mischung aus Rock, Folkrock, Blues und Balladen aus Spaß an der Freud’, weil sie den Ausgleich zum Berufsleben suchen, aber auch, weil sie überzeugen und den nächsten Auftritt an Land ziehen wollen. Auf den Gig auf der Fischerinsel hinter dem Roten Rathaus, wo die Stadt Berlin vor 721 Jahren seine Keimzelle hatte, freuen sich die Stadtrocker ungemein. „Ist eine großartige Location und auf den Kahn passen schon einige Fans drauf“, sagt Pohler. Heute, hier im Proberaum, sind sie in Arbeitsklamotten gekommen. Aber auf dem Fest werden die Bundfaltenhosen und Sakkos dann durch Lederjacken ersetzt, oder? „Ganz genau, so sieht es aus“, sagt Ulrich Dieckert. Ab 19 Uhr am 31. Mai hallen die ersten Riffs durch Mitte.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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