Vor Las Vegas kochte das Benzin: Heidi Hetzer kämpft sich durch Amerika
Charlottenburg. Der Pazifik liegt hinter ihnen. Und seit Juli kurven Heidi Hetzer und ihr Oldtimer „Hudo“ tapfer durch die Vereinigten Staaten. Der Oldie brach nun erneut zusammen – in der Wüste von Nevada.
Nein, Glücksspiel kommt für sie nicht in Frage. Obwohl: Könnte man eine Weltumrundung im antiquierten Hudson Great Eight nicht auch als eine Form dieses Lasters begreifen? Vor den Toren von Las Vegas jedenfalls stand Heidi Hetzer, 77 Jahre jung, als Opel-Händlerin und Rennfahrerin eine Berühmtheit, mal wieder am Straßenrand. „Im Angesicht der Stadt machte Hudo schlapp – bei 55 Grad. Das Benzin fing an zu kochen“, protokolliert sie für ihre Fans im Internet. Also wieder die gewohnten Bilder: „Hudo“ am Abschlepphaken. „Hudo“ auf der Hebebühne. Terry, ein Typ mit Kopftuch und langen Haaren, hilft aus. Defekte Teile nach Indianapolis verschicken, reparierte Teile wieder einbauen lassen. Weiterfahren.
So geht das nun schon seit einem Jahr. Rund zwölf Monate nach dem Start am Brandenburger Tor und einer Odyssee durch Europa, Asien, Australien und Neuseeland: Einkehr am falschen Eiffelturm von Las Vegas, mit nur zwei Monaten Verspätung.
Mehr als 50 Werkstätten in 25 Ländern lernten Heidi und „Hudo“ kennen. Halbzeit auf dem langen Weg um die Erde. Und schon jetzt hat die Abenteurerin mehr Wegstrecke zurückgelegt als Autopionierin Clärenore Stinnes. „Aber sie hatte dafür die schlechteren Straßen“, verbeugt sich Heidi vor ihrem Idol. Ein Überführungsflug ans andere Ufer des Pazifik liegt hinter ihr. Es warten Salt Lake City, Seattle, Vancouver – und natürlich Detroit als Metropole des Automobils.
Am Grand Canyon begab es sich, dass „Hudos“ Tacho die 100 000-Kilometer-Schwelle übersprang. Und im nächsten Moment stand dort wieder eine Null. „Jetzt ist er Jungfrau“, frohlockt Heidi. „Jetzt geht es wieder von vorne los.“
Keinen Neubeginn wünscht die Charlottenburgerin in Sachen Copilot – nicht nur aufgrund mehrerer Fehlgriffe. Denn beim Blick auf die Landkarte zeigt sich in Lateinamerika heikles Terrain. „Dort kann ich die Verantwortung für andere nicht übernehmen“, sagt Großmutter Hetzer angesichts von kriminellen Banden. „Höchstens ein Mönch kommt in Frage. Der wird vielleicht an der Seite einer alten Frau respektiert.“
Demut fährt in diesen Tagen also mit, wenn Heidi die Wüsten Amerikas durchquert. Und abends, da blickt sie auf zu den glitzernden Sterne, schaut hinauf zu ihren Engeln und sagt: „Ihr müsst mich weiter schön beschützen.“ tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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