Nachbarschaftshaus-Streit tobt weiter

Sozialstadtrat Carsten Engelmann (CDU, re.) stellte sich geduldig den Fragen der Nachbarschaftshaus-Gemeinde, eine Lösung des Konfliktes liegt dennoch in weiter Ferne. | Foto: Matthias Vogel
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Charlottenburg. Im Showdown im Streit um das Nachbarschaftshaus in der Herbartstraße ist Sozialstadtrat Carsten Engelmann (CDU) 2. Juli keinen Millimeter von seiner Entscheidung abgewichen, den Mietvertrag mit dem Verein „Nachbarschaftshaus am Lietzensee“ nicht zu verlängern und die Wilmersdorfer Seniorenstiftung als neuen Träger zu installieren. Dafür musste er sich den Vorwurf des Amtsmissbrauchs gefallen lassen.

Eigentümer der Immobilie ist der Bezirk, zugeordnet ist sie der Abteilung Soziales und Gesundheit, deren Leiter Carsten Engelmann ist. Im April hatte dieser dem Verein eröffnet, das Haus ab Januar 2018 wegen einer Grundsanierung räumen zu wollen und den Ende dieses Jahres auslaufenden Mietvertrag nicht zu verlängern. Fast 80 Gruppen soziokultureller Arbeit stünden somit auf der Straße. Zu einer ersten Aussprache war Engelmann krankheitsbedingt nicht erschienen.

Fragende Gesichter

Der große Saal im Nachbarschaftshaus war am 2. Juli brechend voll, die Stimmung geladen. Und am Ende eines zweieinhalbstündigen, beizeiten sehr intensiv geführten Frage-Antwort-Marathons gab es nur fragende Gesichtsausdrücke. Der Vereinsvorsitzende Mario Georgi etwa saß achselzuckend auf seinem Stuhl auf der Bühne und sagte: „Wir hätten heute Baupläne zur Sanierung und ein Konzept zur Fortführung des laufenden Betriebes erwartet. Das war enttäuschend heute.“

Besonders sauer stieß bei den Nutzern des Nachbarschaftshauses auf, dass Engelmann Vorsitzender des Trägers ist, mit dem er jetzt den Verein ersetzen möchte. „Für mich ein klassischer Fall von Berliner Filz“, sagte Bürger Dieter Schütte. „Sie missbrauchen Ihr Amt.“ Engelmann wies den Vorwurf von sich, der Sozialstadtrat sei schon immer auch automatisch Vorsitzender der Wilmersdorfer Seniorenstiftung gewesen. Die Wahl sei auf diesen Betreiber gefallen, weil seit Jahren die Seniorenangebote im Bezirk zurückgingen und nicht zuletzt wegen des demografischen Wandels wieder gefördert werden müssten. Die Stiftung sei der geeignete Partner dafür.

"Was ist in Zukunft anders?"

Die Logik hinter dem geplanten Wechsel wollte sich niemandem so recht erschließen. Nicht nur weil Georgi betonte, 42 Prozent des aktuellen Angebotes im Nachbarschaftshaus seien bereits für Senioren, sondern auch, weil Engelmann gerade noch die gute Arbeit des Vereins gewürdigt und von den Vorwürfen aus der jüngsten BVV, der Verein sei mit den Mietzahlungen in Verzug, Abstand genommen hatte („Die Zahlen hatte ich vom Facility Management übernommen“). Die Verwirrung war dem Vernehmen nach komplett, als der Sozialstadtrat den Vereinen, Gruppen und Kursen in Aussicht stellte, nach der Sanierung in das Haus zurückzukehren – dann eben nur unter einem anderen Träger. „Das Haus ist voll belegt, wie soll das Angebot der Stiftung und das bisherige Programm Platz finden? Und was ist dann im Zukunft anders?“, hinterfragte nicht nur Georgi. Auch Engelmanns Angebot, bei der Suche nach Ersatzräumlichkeiten während der Sanierungszeit behilflich zu sein, beruhigte die Versammlung nicht, zumal es nur um die Herstellung von Kontakten ging und sich die Vereine schlussendlich selbst um die Verhandlungen kümmern müssten.

Verein will weiterkämpfen

Mario Georgi und die Geschäftsführerin des Vereins Annette Tafel sagten nach der Versammlung, sie wollten weiterkämpfen. Ein Strohhalm, an den sie sich dabei klammern, sind die Haushaltsberatungen des Bezirks im September. Die 100.000 Euro, die Engelmann für den Start der Sanierungsarbeiten beantragt hat, müssen erst genehmigt werden. Vielleicht kann also der Betrieb ohne Unterbrechung weiterlaufen. Der Trägerwechsel ist aber wohl beschlossene Sache. maz

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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