Integrationspreis belohnt Einsatz für Flüchtlinge und Arme
Ein Preisgeld hatte Kirsten Goetze nicht im Sinn, als sie beschloss zu kämpfen. Mit den Plakaten hatte es angefangen - diesen Aushängen, die den Nachbarn weismachen wollten, das neue Flüchtlingsheim in der Soorstraße bedeute einen Verlust von Lebensqualität im beschaulichen Westend. Also startete Kirsten Goetze ein Gegenprogramm zur fremdenfeindlichen Kampagne und gründete eine Initiative. Kurz darauf begann die Gruppe "Willkommen in Westend" ihrerseits an die Nachbarschaft zu appellieren. Sie klärte auf über das Schicksal der Heimbewohner, die politisch verfolgt wurden und vor Kriegen flüchten mussten. Aufmarschierenden NPD-Anhängern stand dank Goetzes Einsatz eine Überzahl von Gegendemonstranten im Weg. Protestaktionen verebbten, ein Geist der Hilfsbereitschaft kehrte ein. Nun kam der Lohn: Kirsten Goetze erhielt von Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) den Integrationspreis des Bezirks als Einzelperson, nahm 500 Euro entgegen - und kaufte davon 80 Heimkindern Geschenke.
Ähnlich gemeinnützig dürfte der Seeling-Treff, eine Tagesstätte für Wohnungslose und mittellose Menschen, mit ihrem Gewinn verfahren haben. Als Preisträger in der Kategorie für Institutionen erhielt die Einrichtung, betrieben von der Gewebo-pro GmbH, 1000 Euro und anerkennende Worte von Bezirksverordnetenvorsteherin Judith Stückler. Der Seeling-Treff sei "ein Leuchtturm im Kiez", hieß es. Und das, "obwohl dort nicht wie in bekannteren Einrichtungen 30 warme Jacken hängen, sondern nur vier". Seit 29 Jahren verpflegt der Treff beinahe täglich über 100 hilfsbedürftige Gäste.
Abgerundet wurde die Preisverleihung durch einen Redebeitrag der früheren Berliner Ausländerbeauftragten Barbara John, der immer noch Menschen mit Überfremdungsängsten begegnen. Johns Erklärung hierfür: "Sie glauben selbst nicht an die Werte, die das wichtigste in unserem Land sind." Und sie meint nicht etwa die Errungenschaften des Sozialstaats, sondern Werte wie freie Meinungsäußerung und freie Wahl von Partner und Beruf. Um daran teilzuhaben, kämen die meisten Menschen nach Deutschland, nicht um die Freiheit zu unterwandern.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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