Bürgerämter auf Terminvergabe umstellen

Wer zu spät kommt, den bestraft das Konzept: Im Bürgeramt in den Wilmersdorfer Arcaden stößt das Spontankunden-System an seine Grenzen. | Foto: Schubert
  • Wer zu spät kommt, den bestraft das Konzept: Im Bürgeramt in den Wilmersdorfer Arcaden stößt das Spontankunden-System an seine Grenzen.
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Charlottenburg-Wilmersdorf. Vergriffene Wartemarken, gereizte Kundschaft, völlige Überlastung: Das Spontankunden-Konzept der örtlichen Bürgerämter ist gescheitert. Nun kassierte ein Mitarbeiter sogar beim Ortstermin des Bezirksamts ein blaues Auge.

Drei Wochen warten für einen neuen Pass? Das war Björn F. aus Friedrichshain für so eine Formalität zu viel. Er wollte sich widerwillig mit der Wartezeit für einen Termin arrangieren. Aber dann sagte ihm jemand etwas, das man offiziell nicht hören dürfte: "Fahren Sie doch nach Charlottenburg. Die nehmen Sie spontan."

Wer in diesen Tagen am frühen Morgen die Wilmersdorfer Arcaden besucht, wird ahnen, dass dort am Empfangsschalter des neu eröffneten Bürgeramts so einige Björn F.s stehen. Er selbst kam freilich auch hier nicht zum Zug. Denn die Schlange ist lang, die Wartemarken rasch vergriffen - und entsprechen erhitzt die Gemüter.

Vorläufiger Gipfel der Frustration: Ein Mitarbeiter bezog Prügel im Beisein von Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) und der zuständigen Stadträtin Dagmar König (CDU). Beide waren wegen ähnlich alarmierender Vorfälle in letzter Zeit zum Ortstermin erschienen und erfuhren so aus erster Hand, dass die Praxis, Spontankunden aus allen Bezirken aufzunehmen, in eine Sackgasse führt.

"Es zeichnet sich ab, dass wir nicht als letzte Mohikaner den Andrang aus der ganzen Stadt schultern können", stellte Naumann fest. Und König hatte in der Runde ihrer Amtskollegen aus anderen Bezirken vergeblich darum gebeten, dass auch sie wieder zum Spontankunden-Konzept zurückkehren. "Da sind wir auf taube Ohren gestoßen."

Nach Königs Auffassung hat der enorme Andrang in den Wilmersdorfer Arcaden mit der Einzigartigkeit eines Amts im Shoppingcenter nichts zu tun - "die gleiche Schlange hatten wir früher im Rathaus Charlottenburg. Nur ist sie jetzt besser sichtbar."

Seit der jüngsten Attacke hat König Streifen des Bezirks an den Brennpunkt beordert, die das Wachpersonal des Centers unterstützen. Im Bürgeramt Hohenzollerndamm, wo ebenfalls Spontankunden bedient werden, erfolgt über den Sommer ein Umbau, damit die Mitarbeiter im Notfall flüchten können. Und seit der aktuellen Sitzung der BVV ist auch klar, dass Königs Bitte an die Verordneten, vom Konzept der Spontankundenbedienung abrücken zu dürfen, entsprochen wurde. In Kürze also ist es mit der unkontrollierten Schlangenbildung in den Ämtern des Bezirks vorbei, und nur noch im Notfall wird man sofort vorgelassen. Björn F. versucht es derweil wieder in Friedrichshain. Diesmal mit Termin.

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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