Bahnhofsmission öffnet Hygienecenter für Obdachlose

Politprominenz am bisherigen Problemort: Die Jebensstraße hat jetzt ein Badezimmer. | Foto: Thomas Schubert
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Charlottenburg. Strenger Geruch schließt aus. Aber wo sollte jemand duschen, der keine Wohnung mehr hat? Um dieses Dilemma zu beheben, nahm die Deutschen Bahn 300 000 Euro in die Hand – und errichtete am Bahnhof Zoo einen Ort zum Waschen, Wasserlassen und Frisieren.

Wenn es im Becken plätschert, wenn die Klospülung rauscht, wenn Seife und Shampoo auf schmutziger Haut zu schäumen beginnen, dann ist das ein kleines Weihnachtswunder. „Hygienecenter“ steht auf einer Glastür der neuesten Sozialeinrichtung in der Jebensstraße. „An keinem anderen Ort Berlins ist die Verzweiflung größer und nirgends sind die Menschen so voller Hoffnung“, sagt ein Kenner. Dieter Puhl, Leiter der Bahnhofsmission am Zoologischen Garten, verpflegt täglich bis zu 700 Obdachlose. Und nicht zuletzt der Freundschaft zu Rüdiger Grube, dem Vorstandschef der Deutschen Bahn, haben seine Gäste es zu verdanken, dass eines der wichtigsten humanitären Projekte in der Bundeshauptstadt jetzt Wirklichkeit wurde. Kostenlose Toiletten, Duschen, dazu ein Frisiersalon. Vergleichbares gab es bisher nur am Petersdom im Vatikan.

Illustre Gäste

Dementsprechend las sich auch die Liste derer, die zur Eröffnung ein Grußwort sprachen. Da pries Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) „die Freude, mit der man ein altes Waschbecken zertrümmert hat, um Platz für die neuen zu schaffen“. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) lobte das Hygienecenter als Baustein für die Aufwertung des Bahnhofsumfelds und Sozialsenator Mario Czaja (CDU) liebäugelt schon mit dem Ausbau von bisher ungenutzten Kellerräumen unter dem Center.

Skeptischer klangen allerdings die Kommentare der ersten Nutzer. „Es kommt leider 20 Jahre zu spät“, äußerte ein Mann namens Norman seine gemischte Gefühle. Und setzte dann hinzu: „Aber, na klar: Das Angebot hilft uns.“

Täglich von 10 bis 18 Uhr finden Bedürftige nun das Selbstverständlichste vor, zu dem bisher allerdings nur wenige von ihnen Zugang hatten. Und was an Betriebskosten anfällt, bezahlt der Senat – rund 150 000 Euro jährlich. Selbst das Haareschneiden gehört hier zur Routine – auch wenn dieser Service davon abhängt, wann Friseurinnen wie Nicole oder Franziska für diesen ehrenamtlichen Dienst Zeit haben. Ohne Ehrenamt läuft nämlich genau wie nebenan in der Bahnhofsmission auch im Hygienecenter nichts. Ohne eine reibungslos organisierte Trägerschaft sowieso nicht.

„Duschen und Toiletten gehören zur Menschenwürde“, sagte Stadtmission-Vorstand Joachim Lenz zur Schlüsselübergabe. Am Bahnhof Zoo erhalten Menschen ohne Zuhause ein Stück Würde zurück, das ihnen ein Leben auf der Straße nahm. Mit jeder Dusche, mit jeder Spülung, mit jeder neuen Frisur. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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