Flugverkehr am Kirchturm
Vier junge Turmfalken lernen gerade das Fliegen

Dachsanierung des Kirchenturms und Brutzeit der Turmfalken überschnitten sich nicht, deshalb war der Nistkasten an der Trinitatiskirche auch in diesem Jahr bewohnt.  | Foto: Regina Gumz
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  • Dachsanierung des Kirchenturms und Brutzeit der Turmfalken überschnitten sich nicht, deshalb war der Nistkasten an der Trinitatiskirche auch in diesem Jahr bewohnt.
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Ein geschultes Ohr, scharfe Augen und dann kann der Hobby-Ornithologe am Karl-August-Platz auch schon auf seine Kosten kommen: In diesen Tagen lernen vier junge Turmfalken das Fliegen, hoch oben um den Turm der Trinitatiskirche herum.

Regina Gumz arbeitet schon lange ehrenamtlich in der Kirchengemeinde und hatte jüngst die Berliner Woche dankenswerter Weise mit Schnappschüssen der elterlichen Turmfalken versorgt. Ihr sind die gefiederten Mitbewohner ans Herz gewachsen. Der Nistkasten des Naturschutzbundes (NABU) hängt dort schon seit 1987 und ihm entfleuchen fast jedes Jahr junge Falken. „Ich wohne um die Ecke und habe den typisch schrillen Schrei der Eltern gehört“, sagt sie.

Eigentlich ist das schöne Ereignis hoch über den Dächern Berlins auch keine Seltenheit. Um die 300 Nistkästen stehen den Turmfalken in der Hauptstadt zur Verfügung, wenn sie im Frühjahr aus ihrem Winterurlaub in wärmeren Gefilden zurückkommen und sich paaren wollen. Durch Sanierung und Abriss sind im Laufe der Zeit viele natürliche Nistplätze in Berlin weggefallen, deshalb wurden die Brutkästen installiert. Immer etwa um diese Jahreszeit herum wird der Nachwuchs flügge.

Einer von drei Greifvogelschützern, die sich um die Tiere und ihre Brutstätten kümmern, ist Stefan Kupko. Er hat die vier jungen Charlottenburger Turmfalken beringt, als sie drei Wochen alt waren. „Drei Mädchen und ein Junge“, gibt er zu Protokoll. Für die AG Greifvogelschutz arbeitet er ehrenamtlich für den NABU, hauptberuflich ist er als Krankenpfleger tätig. Um einen Überblick über den Bestand der Vögel zu behalten, bekommen die Jungtiere einen gravierten Ring um den Fuß. In diesem Jahr ist er für die Berliner Turmfalken blau, der Nachwuchs aus dem obersten Stockwerk der Trinitatiskirche trägt die laufenden Nummern GN 90446 bis GN 90449. „Aus der Ferne erkennen Vogelfreunde also schon, aus welcher Stadt der Turmfalke kommt und wie alt er ist. Und wenn ein krankes oder verendetes Tier gefunden wird, wissen wir gleich, um welches Tier es sich handelt“, erklärt Kupko.

Nach dem Mäusebussard ist der Turmfalke der am häufigsten vorkommende Greifvogel in Deutschland, obwohl er keine hohe Lebenserwartung hat. Ursprünglich zählt er zu den Felsenbrütern, weil aber Türme oder Kirchtürme dem natürlichen Lebensraum sehr nahe kommen, sind sie bei ihm sehr beliebt. „Die Vögel haben dort ihre Ruhe.“ Hochspannungsmasten sind auch begehrt, deshalb ist es kein Zufall, wenn man dort einen der Brutkästen sichtet. In Marzahn-Hellersdorf, wo Kupkas Kollege über die Turmfalken wacht, sind die taubengroßen Greifvögel auch auf Hochhäusern anzutreffen. „Gelegentlich sogar in den Blumenkästen auf dem Balkon, da hatten wir mal einen Fall in Neukölln“, sagt Kupka. „Und wenn man sie dort in Ruhe lässt, brüten sie sogar.“ Ein Nachteil des Stadtlebens: Es birgt viele Gefahren. „Turmfalken verunfallen oft“, sagt Kupka. Und auch Nahrungsknappheit macht diesen Greifvögeln zu schaffen. „Sind die Mäuse aufgrund eines strengen Winters knapp, fehlt dem Turmfalken relativ schnell die Kraft zum Jagen und er verendet.“ Im Durchschnitt leben die Tiere drei Jahre lang, 50 Prozent sterben im ersten Lebensjahr. Die Bewohner der Nistkästen wechseln also regelmäßig.

Das Beringen ist übrigens speziell im Fall der Trinitatiskirche ein Abenteuer für den Greifvogelschützer: „Über die Treppen geht es über 70 Meter hinauf und dann kommen noch die Holzleitern“, sagt er. „Das ist sicher nicht jedermanns Sache.“ Dann muss Kupko noch einen Moment abpassen, in dem die Eltern ausgeflogen sind. Von außen wird der Brutkasten dann verschlossen und durch das Hintertürchen schreitet er zur Tat. „Dauert eine halbe Stunde, meistens bekommen die Eltern gar nichts mit.“

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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