Reden über RAW-Gelände: Zweite Dialogwerkstatt am 11. April

11. April 2018
17:00 Uhr
RAW-Gelände, 10245 Berlin
Hier wäre noch Platz. Hans-Rudolf Kurth beim Rundgang mit Besuchern. | Foto: Thomas Frey
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  • Hier wäre noch Platz. Hans-Rudolf Kurth beim Rundgang mit Besuchern.
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In der Mitte des Raums stand ein aus Pappe gefertigter Gesamtüberblick des Areals. Er erinnerte an einen großen Baukasten für Kinder. Es sollten dort aber nicht nur Sandkastenspiele betrieben werden.

"RAW. Visionen 2040 gesucht" lautet der Titel der Veranstaltungsreihe, deren Start am 6. März im Astra-Kulturhaus auf dem Gelände zwischen Warschauer und Modersohnstraße stattfand. Es war der Auftakt zu einer Dialogwerkstatt, deren nächster Termin am 11. April stattfindet. Das Ziel: möglichst einvernehmliche Lösungen für die Zukunft des 70 000 Quadratmeter großen Areals finden.

Das ist nicht ganz einfach und rührt schon aus der Vorgeschichte. Der ehemalige Standort des Reichsbahnausbesserungswerks mutierte in den vergangenen mehr als zwei Jahrzehnten zunächst zur Spielwiese vieler soziokultureller Projekte, danach zur Partymeile. Es gab während dieser Zeit verschiedene Eigentümer und manche Ideen für die Entwicklung des Geländes. Sie scheiterten nicht zuletzt an den vorhandenen und teilweise von den Besitzern selbst forcierten Gegebenheiten.

Aktuell werden die Karten neu gemischt. Das RAW hat mittlerweile drei neue Eigentümer. Der größte Teil, nämlich 52 000 Quadratmeter von der Warschauer Straße bis jenseits des Kletterkegels, gehört seit 2015 der Göttinger Kurth-Gruppe, der östliche Bereich bis zur Modersohnstraße dem Unternehmen International Campus aus München. Dazwischen gibt es einen weiteren Besitzer für eine kleine Fläche rund um das Badehaus Szimpla. Gerade die beiden Großen, also Kurth und International Campus, haben konkrete Vorstellungen, was auf ihrem Areal passieren soll. Die sind nicht durchgehend deckungsgleich mit den Forderungen der Nutzer oder den Anliegen des Bezirks. Von dort wurden sogenannte Essentials formuliert. Zu ihnen gehören vor allem der Erhalt des sogenannten "soziokulturellen L" sowie bisheriger Freiräume auf dem Gelände.

Seniorchef Hans-Rudolf Kurth steht, umringt von einer Besuchergruppe, am Südrand seines Grundstücksbereichs. Dort ist noch einigermaßen Platz, der bisher höchstens temporär genutzt wird. Etwa aktuell durch den Flic Flac-Zirkus. Dass nach seiner Meinung dort noch das eine oder andere Gebäude entstehen könnte, macht er dabei ziemlich deutlich. Insgesamt geht es ihm und Sohn Lauritz Kurth darum, auf ihrer Fläche zusätzliche Gewerbe- und Kulturangebote anzusiedeln, die gerade tagsüber genutzt werden können. Dazu gehört auch die geplante Bebauung entlang der Warschauer Straße ebenso wie die sich bereits im Umbau befindliche ehemalige Radsatzdreherei. Einziehen sollen dort Tonstudios oder eine Musikschule.

"Soziokulturelles L" soll bleiben

Die Nachverdichtungspläne passen höchstens bedingt in das Postulat, weiter freie Flächen vorzuhalten. Ebenfalls bisher unauflösbar scheint der Dissenz beim "soziokulturellen L" zu sein. Diese Bezeichnung steht für die Gebäude entlang der Revaler Straße, deren Räume von Künstlern und kleinen Gewerbeakteuren genutzt werden. Ihr Verbleib soll ebenso durch dauerhaft günstige Mieten gesichert werden, wie das Areal von Five-O mit Kletterkegel, Skatehalle, Cassiopeia-Club und Biergarten, das sich in einer Art rechten Winkel daran anschließt. Mit etwas Phantasie ergibt sich daraus ein L.

Beim Five-O-Ensemble sehen die Kurths den soziokulturellen Anspruch allerdings nur beim Klettern und Skaten gegeben. Anders als bei Club und Biergarten, die sie als profitable Bereiche einschätzen. Mit deren Gewinnen aber wiederum Halle und Turm mitfinanziert werden, wird Five-O-Chef Tobias Freitag nicht müde zu betonen. Ohne diese Quersubvention gehe die Rechnung nicht mehr auf.

Ein weiteres Problem betrifft den Ostteil des Areals, wo International Campus der Eigentümer ist. Auch dort gab es beim Dialogstart Einblicke in die künftigen Pläne. Die einst durch den sonntäglichen Streetfoodmarkt "Neue Heimat" bekannt gewordene Halle werde derzeit zu einem Coworking Space umgebaut, erklärte Vorstand Horst Lieder. Arbeitsplätze für die Start-up-Szene sollen dort entstehen, daneben Verköstigungsstätten, Veranstaltungs- und Meetingräume. Ein Lab für die Generation 4.0.

Das ist eher unumstritten. Anders als weitere Pläne, die das Immobilienunternehmen ebenfalls weiter verfolgen will. Nämlich den Bau von Studentenwohnungen in Richtung Modersohnbrücke. Für die gibt es bisher aber keine Grundlage, denn Bezirksamt und Bezirksverordnetenversammlung (BVV) haben sich zumindest in der Vergangenheit einigermaßen klar positioniert: kein Wohnungsbau auf dem RAW-Gelände.

Es gibt also einige Knackpunkte bei diesem Dialogverfahren. Und zumindest bisher ist noch nicht absehbar, wie sie sich auflösen lassen.

Die Veranstaltung am 11. April beginnt um 17 Uhr in der Halle 16, ehemalige Neue Heimat; zu erreichen über den Eingang Dirschauer Straße.
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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