Wohnen auf dem Friedhof: Flüchtlingsunterkunft sorgt für Protest

24. Januar 2017
17:00 Uhr
Passionskirche Kreuzberg, 10961 Berlin
Der Standort für das geplante Flüchtlingwohnheim an der Jüterboger Straße.
  • Der Standort für das geplante Flüchtlingwohnheim an der Jüterboger Straße.
  • hochgeladen von Simone Gogol-Grützner

Kreuzberg. Der Platz ist knapp, und Wohnungen werden gebraucht. Auch für Flüchtlinge. Für 160 von ihnen sind deshalb neue Unterkünfte auf einem Teil der Friedhöfe an der Bergmannstraße geplant. Konkret am südlichen Rand der Jüterboger Straße.

Entstehen sollen dort zwei mehrgeschossige sogenannte Modulbauten, erklärt der evangelische Friedhofsverband Berlin Stadtmitte.

Die Baupläne auf dem Friedhof sorgen inzwischen für Ärger. Eine Bürgerinitiative hat nach eigenen Angaben bis kurz vor Weihnachten mehr als 3500 Unterschriften gegen das Vorhaben gesammelt. Mit ihrem Protest ist wahrscheinlich auch auf einer Informationsveranstaltung zu rechnen, die am 24. Januar in der Passionskirche am Marheinekeplatz stattfindet.

"Abschied von christlichen Werten"

Die Gegner werten die Bebauung an dieser Stelle als "erschreckenden Ausdruck einer sich offenbar im Eiltempo vollziehenden Abschiednahme von traditionellen christlichen Werten durch das heutige Management der evangelischen Kirche". Für sie sind Friedhöfe Orte der Ruhe, Besinnung und Begegnung und deshalb auch kulturhistorisch bedeutend. Dort zu wohnen, halten sie deshalb für einen "groben Akt mutwilliger Kulturzerstörung".

Der Friedhofsverband sieht die Pläne dagegen als "Beitrag zum Zusammenleben von in Not geratenen Geflüchteten mit Einheimischen und schon lange in Berlin lebenden Menschen". Geplant sei außerdem lediglich die Randbebauung eines stillgelegten Friedhofteils. Weder das Kriegsgräberfeld und auch nicht die Versicherungscontainer gegenüber der Kfz-Zulassungsstelle seien von den Neubauten betroffen. Ab 21. Januar werde der Grundriss auf der Fläche abgesteckt. Dann könnten sich Interessierte ein Bild von der tatsächlichen Lage machen.

Betreiber der Einrichtung wird das Diakonische Werk Berlin Stadtmitte. Sie ist zunächst als Übergangswohnheim für geflüchtete Familien, Einzelpersonen sowie Kinder und Jugendliche geplant. Neben verschiedenen Schulungs- und Betreuungsangeboten sei auch ein öffentliches Begegnungscafé an diesem Standort vorgesehen.

Wohnungen statt Gräber

Unabhängig von diesem Vorhaben forciert der Friedhofsverband seit einiger Zeit die Aufgabe von Teilbereichen auf letzten Ruhestätten, auch zugunsten von Wohnungsbau. So etwa an der Landsberger Allee, vis-a-vis vom Eingang zu den Friedrichshainer Friedhöfen. Nicht nur dort gebe es inzwischen ausreichend Fläche, denn der Anteil der Erdbestattungen ist schon lange stark rückläufig. Urnen- oder anonyme Gräber brauchen weitaus weniger Platz.

Die Informationsveranstaltung in der Passionskirche beginnt um 17 Uhr. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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