Historiker ehren Andreas Kalesse: Streiten für den Denkmalschutz
Große Ehre für einen Spandauer: Der langjährige Potsdamer Stadtkonservator Andreas Kalesse ist von der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg im Märkischen Museum mit der Fontane-Plakette ausgezeichnet worden.
Im Februar endete die Amtszeit für Potsdams Stadtkonservator Andreas Kalesse. Der Spandauer des Jahrgangs 1952 hatte dieses Amt 1991 angetreten. Und er hat im beruflichen Exil mehr erreicht als in der Heimat an der Havel. Dass ein Gang durch Potsdam immer ein Gang durch die Geschichte ist, hat viel mit der Arbeit von Kalesse zu tun.
Gleich zu Beginn seiner Amtszeit verfasste Kalesse zehn Leitlinien für die Potsdamer Denkmalpflege, die die Stadt als Gesamtkunstwerk auffassten. Stolz ist er auf die Rückgewinnung der historischen Mitte der Stadt, wo der brandenburgische Landtag am Ort des historischen Schlosses tagt, aber ebenso auf die Rettung des Hollandischen Viertels mit Hilfe der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz, die mit 400.000 "Westmark" für neue Dächer erst mal grundsätzlich den Verfall stoppte.
Beschimpfungen gehörten zum Alltag
Für seine Arbeit in Potsdam ist Kalesse aber oft auch angegriffen und beschimpft worden, eine Erfahrung, die er schon in Spandau machen musste. Dabei muss seine erste Begegnung mit Natur- und Kulturgütern eine sehr schöne gewesen sein. Er erinnert sich gerne an die Heimatkunde in der Staakener Gartenstadtschule, wo man auch mal im Sandkasten im Klassenraum die Altstadt mit Pappschachteln nachbaute, und die Geschichten berichtet wurden, die Gebäude und Landschaften erzählten.
Dann nahm ihm der „langsam wachsende Wohlstand“ diese Heimat „in prägnanten Teilen“ wieder weg. Gut erhaltenes Fachwerk musste Neubauten weichen, Niedermoorbereiche und Felder verschwanden. Zu den besonders wichtigen historischen Schätzen, die Kalesse und seine Mitstreiter retten konnten, zählten das Gotisches Haus in der Breiten Straße 32 und der Historische Keller in der Carl-Schurz-Straße 49.
Als sich Kalesse im 1974 gegründeten Bürgerbeirat „Zitadelle Spandau“ engagierte, hatte sich der Student schon einiges an Rüstzeug fürs Streiten für historische Wurzeln angeeignet, das über die Heimatkunde des Grundschülers hinausging. Auf eine Gärtnerlehre folgte der Ingenieursgrad für Landschaftspflege an der Technischen Fachhochschule Berlin, dann noch das Ingenieursdiplom für Landschaftsentwicklung an der Technischen Universität Berlin.
Die Zitadelle und die Spandauer Schleuse
Allerdings musste Kalesse auch die Erfahrung machen, dass mit Leidenschaft angeeignetes Wissen nicht überall geschätzt wurde. Auf seine Einwände in den späten 1970er Jahren, eine Ergänzung der überlasteten Spandauer Schleuse solle nicht zu sehr an die Zitadelle heranrücken, wurde er von Politkern als Gefährder der Lebensader West-Berlins beschimpft.
Dabei gab es auch Unterstützer. Wann immer er ein historisches Zeugnis gefährdet sah, informierte er das Spandauer Volksblatt. Das verbreitete seine Warnungen und sein Wissen gerne, wenn auch oft mit nicht mehr Erfolg als Kalesse selbst. Hätte man damals öfter auch ihn gehört, müsste man sich heute vielleicht nicht so viel Gedanken über das Marketing der Altstadt machen.
Übrigens: Auch der andere aktuelle Träger der Fontane-Plakette der Landesgeschichtlichen Vereinigung hat sich um Spandau verdient gemacht: Dr. Hans-Jürgen Rach hat sich in seinem 1988 erschienen Standardwerk „Die Dörfer in Berlin“ mit Gatow, Kladow und Staaken befasst.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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