Viel Humor und ein großes Herz: Renate Steffe hat die Kleiderkammer ins Leben gerufen. Ein Portrait

Für die Kunden der Kleiderkammer hat Renate Steffe immer ein offenes Ohr. | Foto: Ulrike Kiefert
2Bilder
  • Für die Kunden der Kleiderkammer hat Renate Steffe immer ein offenes Ohr.
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

Ausgerüstet mit viel Elan, Humor und großem Herz leitet Renate Steffe seit sechs Jahren die Kleiderkammer „Hemd & Hose“ in der Zufluchtskirchengemeinde. „Ich will den Menschen etwas zurückgeben“, sagt sie. Weil sie selbst so ein schönes Leben hatte.

Renate Steffe ist eine Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Immer geradeheraus, immer offen und ehrlich, so kennt man sie im Kiez. Wer mit Steffe spricht, entdeckt aber noch viel mehr. Trotz ihrer 76 Jahre und der gerade überstandenen Halswirbel-OP macht sie einen putzmunteren Eindruck. Sie redet gern und viel, weshalb ihr Lebensgefährte sie „Froschi“ nennt. „Weil ich so quake wie ein Frosch“, sagt Steffe amüsiert.

Sie ist auf bärbeißige Art humorvoll, der reinste Trotzkopf und geigt jedem höflich die Meinung, wenn ihr etwas nicht passt. Vor allem aber hat Steffe ein großes Herz. Warum sonst engagiert sich jemand ganz ohne Eigennutz mit viel Zeitaufwand für Bedürftige und stampft aus dem Nichts eine Kleiderkammer aus dem Boden?

Es war vor etwa sechs Jahren, als Renate Steffe hörte und sah, wie die Armut im Falkenhagener Feld zunahm. Sie selbst wohnt an der Westerwaldstraße, also mitten im Kiez. Der ungenutzte Bastelraum in der Evangelischen Zufluchtskirche gleich nebenan schien ihr passend für das, was von der Idee zum Vorsatz gereift war. „Also bin ich überall betteln gegangen“, erzählt sie. Wer hat ein Regal übrig, kann Kleiderständer oder Bügel spenden? Vom Förderkreis der Kirche bekam sie 300 Euro Starthilfe, legte eigenes Geld obendrauf und eröffnete die Kleiderkammer als soziale Einrichtung im Kiez. Einen Teil ihrer Ausgaben bekam sie später auf Antrag vom Quartiersmanagement zurück.

„Ich hatte ein so schönes Leben. Von diesem Glück will ich den Menschen etwas zurückgeben“, beschreibt Renate Steffe ihre Motivation. Auch wenn sie selbst nie Not gelitten hat, könne sie nachempfinden, wie es ist, kaum Geld zu haben. Geboren im pommerschen Stargard, aufgewachsen in Kladow, machte Renate Steffe ihr Wirtschaftsabitur und jobbte zwei Jahre in einem Büro. Sie heiratete früh, zog drei Kinder groß und arbeitete später als Setzerin beim Spandauer Volksblatt. Nach ihrer Scheidung lebte sie als freiberufliche Unternehmerin 18 Jahre lang im sonnigen Italien. Als sie zurück nach Spandau kam, war sie Mitte 50 und für viele Jobs bereits zu alt. Also arbeitete sie als Hauswirtschafterin und Babysitterin für Familien – bis zur Rente.

Zur Ruhe setzen wollte sich Renate Steffe da aber noch lange nicht. Sie schrieb für den Falkenhagener Express, engagierte sich im Förderkreis der Kirche und managt seit 2012 die Kleiderkammer. Für ihre Kunden, die Sachen spenden oder sich in der Kleiderkammer für ein bisschen Kleingeld neu einkleiden, haben die Spandauerin und ihre Mitarbeiterinnen immer ein freundliches Wort auf den Lippen und Zeit für ein Schwätzchen. Was Renate Steffe an Dankbarkeit zurückbekommt, schmückt ihren Schreibtisch in der Kleiderkammer: eine Uhr aus Porzellan, ein neckischer Uhu, ein Kalender.

Dennoch macht die Arbeit in der Kleiderkammer sie allein nicht aus, sagt Steffe. Sie malt, schreibt und reist auch gern, manchmal bis nach Dubai. Deshalb sucht sie schon länger nach einem Nachfolger für die Kleiderkammer. Doch das ist nicht so einfach. „Die Leitungsfunktion ist anspruchsvoll“, sagt Renate Steffe. „Da muss man Verantwortung übernehmen, organisieren können und spontan sein.“

Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum Renate Steffe niemanden findet. Denn ernsthaft wünscht sich keiner, dass sie aufhört. Das hat Renate Steffe von vielen gehört. Sie ist der Motor, sie kennt alle, weiß fast alles. Da fällt das Aufhören schwer.

Für die Kunden der Kleiderkammer hat Renate Steffe immer ein offenes Ohr. | Foto: Ulrike Kiefert
Kisten auspacken, einsortieren: Auch das gehört zu den Aufgaben von Renate Steffe. | Foto: Ulrike Kiefert
Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 1.261× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.376× gelesen
  • 1
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 2.326× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 2.285× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.