130 Jahre Buchholzer Apotheke
Französisch Buchholz gratuliert zum Jubiläum
In dieser harten Zeit der Covid 19 Pandemie trotzen Frau Payer und ihre MitarbeiterInnen mit ihrem Kenntnisreichtum und großem Mut dem Virus, von dem noch immer Niemand weiß, wann es besiegt sein wird. Die mit den AHA-Regeln in der Schlange vor dem schönen Haus geduldig wartenden BuchholzerInnen verlangen den ApothekerInnen und ihren Familien alles ab. Diese Tage sind lang und kosten viel Kraft und Nerven, um die zwingend erforderliche medizinische Versorgung zu gewährleisten. Deshalb möchte ich als Ortschronistin hier meine besondere Hochachtung zum Ausdruck bringen und ein großes Dankeschön, sicher im Namen vieler BuchholzerInnen aussprechen.
Der Apotheker Ferdinand Calckhof (1848-1923) eröffnete am 2. Februar 1891 seine eigene Apotheke in Französisch Buchholz.***
Mitten im Ortskern am Anger liegt das Baudenkmal Hauptstraße 14, ein allen Buchholzerinnen bekanntes Haus mit einer Apotheke. Calckhofs Leben als Apotheker zeugt von unternehmerischem Geschick und breiten berufsständischem Engagement. Noch lange Zeit nach ihrer Gründung blieb sie die Calckhof Apotheke. Bis zu seinem Tode führte er diese Apotheke, die 1925 dann vom Apotheker Martin Kuenen erst verwaltet, dann gepachtet und 1949 gekauft werden konnte. Dessen Leben endete nur wenige Jahre später, er verstarb 1952.
Ab dieser Zeit wird die Buchholzer Apotheke in die Hände von Frauen kommen. Mit der Apothekerin Ilse Huar beginnt die Geschichte der selbständigen Apothekerinnen, die bis heute dauert, wenn man die städtische Verwaltung ab 1954 einmal überspringt und auch das Verdienst des Apothekers Kurt Schulze 1978 beachtet. Ab 1963 leitete die Apothekerin Margot Patzwaldt die Offizin, die mit der schweren Aufgabe der Rekonstruktion des Hauses und der Stabilisierung der Bausubstanz für die anzupassenden Erfordernisse eines solchen Betriebes zu kämpfen hatte. Nicht nur Bücher haben ihre Schicksale sondern – und das macht die Geschichte der Buchholzer Apotheke deutlich – auch die wichtigen Orte der Medikamentenversorgung, der Salbenherstellung, der Hustensäfte und anderer Arzneimittelsubstanzen. 1977 nimmt die Apothekerin Lilly Kelterborn die Leitung. Heute ist man von in den 80er Jahren auch durchgeführten Laboruntersuchungen abgekommen, wo es 1985 zum Beispiel im Obergeschoß des Hauses eine Abteilung für Labordiagnostik gab. Aber ein Ausbildungsprogramm für den Nachwuchs gibt es immer noch.
Die große Zeit der Buchholzer Apotheke, das erfahre ich als Ortschronistin heute oft, begann 1985, als Zofia Neumann die Leitung der Apotheke. Sie übte als Diplom-Pharmazeutin diese große Verantwortung bis 2006 aus. In diese Zeit fallen viele Geschichten, entsagungsreiche Erlebnisse und die Entwicklung von Französisch Buchholz zur 20.000- Einwohner“stadt“. Auch in ihrer Zeit musste sie Rekonstruktionen und Sanierungen mittragen. Am 2. Februar 1991 feierte sie mit „ihrer“ Apotheke das hundertjährige Bestehen. Das war bereits nach dem Mauerfall und in der Zeit der Privatisierung der Unternehmen. Mit der Betriebserlaubnis zum 1. April 1991 durch die Senatsverwaltung für Gesundheit konnte Zofia Neumann die Buchholzer Apotheke kaufen.
Allerdings dauerten die weiteren notwendigen Verhandlungen mit der Treuhand noch lange an, bis 1993 auch der Kauf von Haus und Grundstück möglich wurde. Diesem mutigen Schritt von Zofia Neumann und ihrem Mann Prof. Gerd Neumann und ihrer Familie ist es zu danken, dass das Glanzstück, das sie 21 Jahre leitete, im historischen Ortskern von Französisch Buchholz in seiner Denkmaleigenschaft erhalten wurde. Mit der Beibehaltung des Namens „Buchholzer Apotheke“ wurde in vorbildlicher kultureller und wissenschaftsgetreuer Vorgehensweise die hohe Bedeutung des Apothekenwesens durch die Familie Neumann verkörpert – eine Geschichte des Einfühlungsvermögens und ein Ort des Vertrauens.
Mit der Ausstattung der Offizin mit ortsgeschichtlich anschaulichen Drucken nach alten Kupferstichen wurde Wert auf die kulturhistorische Ausgestaltung der Apotheke gelegt – zur Freude vieler BuchholzerInnen. Noch heute empfängt die „Wallfahrt nach Frantzös’sch Buchholz“ vom großen Kupferstecher Daniel Chodowiecki, der mit Jeanne Barez verheiratet war, die Kunden.
2006 verabschiedet sich Zofia Neumann aus ihrem Berufsleben und übergibt die Apotheke nach insgesamt 41 Jahren erfolgreicher Arbeit in Pankower Apotheken an eine würdige Nachfolgerin, an Claudia Jankowski. Alle Mitarbeiterinnen hat die junge, berufserfahrene und großartig engagierte Apothekerin übernommen und führt das kulturelle Flair dieses Ortes zusammen mit ihrem Mann Andreas Payer fort. Viele neue Ideen haben inzwischen Einzug in diesen kommunikativen Ort gehalten, an dem jede Buchholzerin und jeder Buchholzer geduldig, freundlich und fachlich kompetent beraten wird. Bewundernswert ist die schnelle Versorgung mit dem bestellten Medikament und wie schon ihre Vorgängerin, sorgt Frau Claudia Payer für eine unglaubliche Kontinuität in der Führung ihrer Offizin „Buchholzer Apotheke“.
Zum nun 130-jährigen Jubiläum sagt sie: „Wir werden unser Jubiläum aber erst im Sommer feiern, wenn das hoffentlich wieder möglich ist, um es würdevoll zu begehen.“
Meine Glückwunsche als Ortschronistin gehen, auch im Namen vieler BuchholzerInnen, also auf diesem Wege an Frau Claudia Payer und ihre Mitarbeiterinnen. „Mögen Gesundheit und Wohlergehen im Jubiläumsjahr jetzt und immer dar an Ihrer Seite sein!“
Was das Team jetzt in der Covid-19 Pandemie leistet, kann ich nur augenscheinlich wahrnehmen. Vieles geschieht im Verborgenen und an nicht enden wollenden Arbeitstagen, zum Wohle der medizinbedürftigen KundInnen und im Unternehmensnetzwerk der Versorgung mit Arzneimitteln. Schon das Engagement, dass wir BuchholzerInnen in der Unterstützerzeit der Flüchlitngsankünfte in Berlin erfahren durften, war bemerkenswert. Eine herzliche Gratulation also an Frau Claudia Payer und „unsere“ Buchholzer Apotheke zum 130-jährigen Jubiläum!
*** Zu damaliger Zeit war Buchholz ein „Chymisten-Dorf“, denn nicht nur Calckhof wird im 19. Jahrhundert die Schriften von Andreas Sygsm. Marggraf, Chymist und Apotheker, gekannt haben, sondern auch der hugenottische Buchholzer Landbesitzer Francois Charles Achard (1753-1821). Marggraf (1709-1782) leistete mit seiner Entdeckung des Zuckergehaltes der Runkelrübe 1747 einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Zuckerindustrie. Er hatte Medizin in Halle, Chemie und Physik in Strasbourg, und Metallurgie in Freiburg studiert und war Leiter des Labors der Akademie der Wissenschaften und Direktor der Physikalisch-Mathematischen Klasse der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Achard, aus einer südfranzösischen hugenottischen Familie stammend, forschte auch in Französisch Buchholz zur Züchtung von Pflanzen mit höherem Zuckergehalt und gilt als der „Vater“ des Zuckerrübenanbaus und Begründer der Rübenzuckerfabrikation. 1782 wird er Direktor des Physikalischen Institutes der Akademie der Wissenschaften.
Anne Schäfer-Junker (anne.junker@gmx.de)
Autor:Anne Schäfer-Junker aus Französisch Buchholz |
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