Trockene Füße und trockene Keller
Riesenbauprojekt neuer Entwässerungsanlagen in Friedenau abgeschlossen
Boot fahren auf der Görresstraße, ein Meter Wasser im Keller, davor brauchen sich die Friedenauer künftig nicht mehr zu fürchten. Das Riesenbauprojekt, mit dem solche Horrorszenarien nach starkem Regen vermieden werden, ist abgeschlossen.
Ein Jahrzehnt lang haben die Berliner Wasserbetriebe für 21 Millionen Euro in sieben Bauabschnitten in der 170 Hektar großen „Friedenauer Senke“ schrittweise und parallel gebaut. Nach Abschluss der Arbeiten wurden Straße, Wege und Grünflächen wie etwa der Schillerplatz neu hergerichtet. Im Dezember 2013 zeigte die Baumaßnahme schon Wirkung, nachdem die ersten Überlaufschwellen angeschlossen waren.
Hauptbestandteil des ambitionierten Projekts ist der 1,9 Kilometer lange Mischwasserentlastungskanal. Er kann 3500 Kubikmeter Wasser aufnehmen und ableiten. Das entspricht der Füllung von anderthalb olympischen Schwimmbecken. Seit 2009 wurden insgesamt 14 Kilometer Abwasserkanäle und Trinkwasserleitungen neu gebaut beziehungsweise erneuert.
2,9 Kilometer Kanäle wurden durch neue, größere ersetzt, 6,2 Kilometer Kanäle saniert, drei Kilometer Trinkwasserleitungen erneuert, 268 Schächte und andere Bauwerke der Infrastruktur errichtet, 150 Armaturen gewechselt.
Eine der größten bautechnischen Herausforderungen für die Wasserbetriebe war im Jahr 2011 die Unterquerung der U-Bahn unter der Bundesallee an der Varziner Straße mit einer Tunnelbohrmaschine in mehr als 20 Metern Tiefe. Bauleiter Jürgen Kregel kann sich nur an eine nennenswerte Panne in all den Jahren erinnern, als beim unterirdischen Vortrieb für den Kanal in der Stubenrauchstraße die Fahrbahndecke absackte. Bauleiter Kregel bedankt sich bei den Anwohnern für ihre gute Kooperation. Auch die Fachabteilungen des Bezirksamts hätten bei diesem Großvorhaben „mit am Strang gezogen“, indem sie etwa Genehmigungsverfahren beschleunigt hätten. Nur mit der Verkehrslenkung Berlin habe es in den ersten drei Jahren des Projekts Probleme gegeben, so Jürgen Kregel. Danach sei die Behörde „geschmeidiger“ geworden.
Mit dem Bau des riesigen Entlastungskanals und den vergrößerten Leitungen in seinem Einzugsgebiet sei Friedenau jetzt auf Berliner Standard gebracht worden, sagt Wasserbetriebe-Chef Jörg Simon. Als die Kanalisation für das Gründerzeitwohnviertel vor 100 Jahren gebaut wurde, reichte sie für die damaligen Bedürfnisse. Seither ist Friedenau gewachsen. Die Kanalisation war zu knapp dimensioniert. Die Abwasserkanäle konnten das Wasser nicht aufnehmen und ableiten. Aber mit dieser Misere ist jetzt Schluss. Die Friedenauer werden weitestgehend trockene Füße behalten.
Die Fachleute gehen davon aus, dass ein Starkregenereignis wie im Juni 2017 in Berlin nur alle drei Jahre stattfindet: 20 Liter Regen pro Quadratmeter in 45 Minuten. Bei noch stärkeren Regenfällen müssten Grundstücksbesitzer selbst Vorsorge treffen, meint Simon, etwa durch die Sicherung von Kellerfenstern oder Türen.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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