Unterschlupf für Revolutionäre
Gertrud Alexander stellte ihre Wohnung zur Verfügung
von Karen Eva Noetzel
Ein eher unscheinbares Haus in der Niedstraße 19, aber mit politischer Vergangenheit.
In einer der Wohnungen lebte vor 100 Jahren Gertrud Alexander. Die am 7. Januar 1882 in Thüringen geborene Tochter eines Arztes versteckte immer wieder und insbesondere während der Revolution 1918/1919 verbotenes Propagandamaterial und von der Polizei gesuchte Personen. Häufig gab es Durchsuchungen. Mehrfach wurde Gertrud Alexander verhaftet.
Seit sie 1907 die Bekanntschaft mit der sozialistischen Politikerin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin gemacht hatte, schrieb sie für die sozialdemokratische Presse. Im Ersten Weltkrieg arbeitete Gertrud Alexander illegal für die Spartakusgruppe marxistischer Sozialisten innerhalb der SPD, die sich 1917 der von der SPD abgespalteten Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) anschloss und später in der KPD aufging.
Gertrud Alexander war seit 1919 Mitglied der Kommunistischen Partei, leitete innerhalb der Agitprop-Abteilung die Kulturarbeit und war für das Feuilleton der Parteizeitung „Rote Fahne“ verantwortlich.
Zu den Prominenteren, die bei ihr Unterschlupf fanden, gehört Leo Jogiches, der KPD-Vorsitzende nach der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Die Wohnung der Kunsthochschulabsolventin und Zeichenlehrerin wurde zur geheimen Zentrale der Kommunistischen Partei – bis zu Jogiches eigener Ermordung im März 1919.
Im Dezember 1925 ging Gertrud Alexander nach Moskau und trat der KPDSU bei. Sie arbeitete unter anderem an der Moskauer Staatlichen Zentralbibliothek und der Leninbibliothek. Die stalinistische Säuberung überlebte sie. Während des Zweiten Weltkrieges wurde Alexander evakuiert. Nach dem Krieg arbeitete sie als Übersetzerin und Redakteurin. Sie starb am 22. März 1967 in Moskau.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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