Das Nachtcafé für Obdachlose wird 20 Jahre alt

Claudia Kunze koordiniert die Arbeit im Nachtcafé seit gut drei Jahren. | Foto: Liptau
  • Claudia Kunze koordiniert die Arbeit im Nachtcafé seit gut drei Jahren.
  • Foto: Liptau
  • hochgeladen von Ralf Liptau

Friedenau. Seit 20 Jahren helfen Ehrenamtliche dabei, Menschen ohne Obdach über den Winter zu bringen. Im Nachtcafé "Zum Guten Hirten" bieten sie zwischen Oktober und April Übernachtungsmöglichkeiten - Abendessen und Frühstück inklusive.

In den bitterkalten Tagen Ende Januar war die Goßlerstraße 30 die wichtigste Adresse für einige Menschen ohne Obdach. In den Räumen der evangelischen Kirchengemeinde "Zum Guten Hirten" können bis zu 18 Leute übernachten und sich mit warmen Speisen aufwärmen. Einen grundlegenden Dienst an der Gesellschaft nennt Koordinatorin Claudia Kunze das, was momentan gut 30 Ehrenamtliche hier leisten. Unterstützt werden sie von acht Honorarkräften, die die Nacht über vor Ort bleiben. "Die wenigsten unserer Mitarbeiter sind ausgebildete Fachkräfte oder Sozialarbeiter", stellt Kunze klar. Im Nachtcafé braucht es wohl vor allem Einfühlungsvermögen und Empathie. Sie legt besonderen Wert darauf, dass das Angebot niedrigschwellig ist. "Wir fragen hier niemand nach seinem Ausweis Die Menschen schlafen auf Isomatten, aber warm und trocken."

In den vier Nächten von Montag bis Donnerstag öffnet das Café in der Goßlerstraße 30 um 21.30 Uhr. Schon mehrere Stunden zuvor sitzen diejenigen, die hier unterkommen wollen, im Treppenhaus. "Das geht hier nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst", erklärt Kunze. Mit dem Ausharren im Hausflur sichern sich die Wohnungslosen also ihren Schlafplatz. "Mit 18 Plätzen sind wir natürlich vergleichsweise klein", so die Koordinatorin. Im Unterschied zu größeren Einrichtungen gibt es beim "Guten Hirten" auch keine Duschen und nur eine sehr kleine Kleiderkammer. Gerade wegen der überschaubaren Größe werde das Angebot des Nachtcafés aber gern angenommen. "In großen Notübernachtungen ist der Ton unter den Gästen oft rauer", sagt Kunze. "Bei uns geht es da schon fast familiär zu."

Vor 20 Jahren war das Café von der Kirchengemeinde gegründet worden, damals noch im Gemeindehaus. Auch die Vaterunser-Kirchengemeinde in Wilmersdorf, die Steglitzer Patmos-Gemeinde und die Philippus-Nathanael-Gemeinde in Friedenau unterstützen das Projekt seit Jahren. Die meiste Zeit davon lief der Betrieb zum allergrößten Teil über Spenden. Seit dem vergangenen Jahr gibt nun auch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg etwas dazu. Charlottenburg-Wilmersdorf unterstützt das Projekt schon länger mit einer Zuwendung. "Das deckt insgesamt ungefähr zwei Drittel der laufenden Kosten", erklärt Claudia Kunze.

Auf Hilfe und Spenden ist das Café deshalb auch weiterhin angewiesen. Vor allem helfende Hände werden immer gesucht. "Es gibt viele Aufgaben. Jeder unterstützt das Projekt nach seinen Möglichkeiten", so die Koordinatorin. Entweder vor Ort im Früh- oder Abenddienst oder beispielsweise zu Hause, indem die Helfer für die Hilfsbedürftigen kochen,. Auch Einkäufer würden immer gebraucht. "Das Problem der Obdachlosigkeit in Berlin verschärft sich von Jahr zu Jahr aus unterschiedlichen Gründen", beobachtet Kunze. Das Angebot des kleinen Nachtcafés wird es also wohl auch in den kommenden 20 Jahren noch geben.

Ralf Liptau / flip
Autor:

Ralf Liptau aus Tiergarten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 104× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 121× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.461× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.