Die fast vergessene Villenkolonie
Vor 150 Jahren begann die Entwicklung Hirschgartens

Die Berliner Straße (heute Fürstenwalder Damm), rechts im Bild "Tabberts Waldschloss" auf einer 1915 gestempelten Ansichtskarte. Die einsame Kutsche täuscht. Auf der linken Seite läuft die Oberleitung der Straßenbahn und rechts im Bild zeugen zahlreichen Telefondrähte vom Einzug der Technik. | Foto: Interessengemeinschaft Hirschgarten
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  • Die Berliner Straße (heute Fürstenwalder Damm), rechts im Bild "Tabberts Waldschloss" auf einer 1915 gestempelten Ansichtskarte. Die einsame Kutsche täuscht. Auf der linken Seite läuft die Oberleitung der Straßenbahn und rechts im Bild zeugen zahlreichen Telefondrähte vom Einzug der Technik.
  • Foto: Interessengemeinschaft Hirschgarten
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Hirschgarten hat es nicht einmal zum Ortsteil des Bezirks geschafft und Gärten für die besagten Wildtiere sind auch schon Geschichte. Trotzdem begeht die Siedlung zwischen Köpenick und Friedrichshagen ihr 150. Jubiläum.

Eigentlich sollte das auch gefeiert werden. „Unser Fest am Hirteplatz war für den 13. Juni geplant und ist der Corona-Krise zum Opfer gefallen. Die anderen Veranstaltungen wie eine Ausstellung zu Hirschgarten, die Präsentation des Hirschgarten-Buchs und eine Führung durch den Ortsteil sollen im Herbst nachgeholt werden“, erklärt Monika Hemmer, eine der Initiatoren von der Interessengemeinschaft Hirschgarten.

Speziell für das Buch wurde noch einmal genauer nach der Geschichte der einstigen Villenkolonie geforscht. Der Name geht auf die Jagdreviere des Kurfürsten Joachim II. zurück, der Mitte des 16. Jahrhunderts regierte und unter anderem das Renaissanceschloss Köpenick – Vorgängerbau des heutigen Schlosses aus dem 17. Jahrhundert – errichten ließ. Die Wiesen und Waldgebiete an der Spree wurden auf Veranlassung des Kurfürsten eingezäunt und mit Wild besetzt. Dieses diente dann zur Versorgung der Schlossküche.

Das Ehepaar Albert (1833-1898) und Berta Hirte hatte 1864 vom verstorbenen Vater Bertas, dem Kietzer Fischer Kaumann, einige im Köpenicker Grundbuch als „Hirschacker“ eingetragene Wiesen geerbt. Schnell meinten sie, dass man hier auch wohnen könnte. Der 19. Juni 1870 war das eigentliche „Geburtsdatum“ von Hirschgarten. An diesem Tag brach Albert Hirte mit seinem Freund Ferdinand Lindenberg von Köpenick aus mit einem Fischerkahn nach Hirschgarten auf. Im Boot keine Netze und Reusen, sondern Vermessungsgerät. Gemeinsam steckten sie neu anzulegenden Straßen ab und legten die spätere Parzellierung fest. Die Grundidee, sämtliche neue Straßen sternförmig auf einen Platz (heute Hirteplatz) zu führen, stammt auch von Hirte selbst. Im Jahr 1895, zum 25. Jubiläum des Ortsteils, wurde auf dem Platz ein Obelisk errichtet, der an Hirte erinnert. Den Namen Hirteplatz gibt es seit dem 50. Jubiläum im Jahre 1920.

Da war Hirschgarten schon eines der beliebten Ausflugsziele der Berliner. Bereits 1871 wurde die erste Restauration eröffnet. Im Jahr 1874 öffnete dann das große Lokal „Tabberts Waldschloss“. Im Jahr 1885 bekam Hirschgarten Telefonanschluss und seit April 1894 konnten die Einwohner von einem eigenen Haltepunkt an der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn aus nach Berlin oder Breslau fahren. Die Köpenicker und die Friedrichshagener konnten bereits seit 1842 in ihren Orten in die Bahn steigen.

Am Spreeufer, Nähe Ahornweg, steht seit Mitte April eine Gedenkstele, die an die Gründung der Villenkolonie erinnert. Initiator war die Interessengemeinschaft Hirschgarten, unterstützt unter anderem durch Bezirksamt, Bürgerstiftung Treptow-Köpenick, Heimatverein Köpenick, Bürgerverein Friedrichshagen und die Wohnungsgenossenschaft Berliner Bär.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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