Maulheld oder Manipulator?
Florian Schmidt, seine Aussagen zur Diese eG und wie sie bewertet werden

Sitzt Florian Schmidt, hier mit Bürgerrmeisterin Monika Herrmann, noch fest im Sattel? | Foto: Thomas Frey
  • Sitzt Florian Schmidt, hier mit Bürgerrmeisterin Monika Herrmann, noch fest im Sattel?
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Vom Ablauf der Fraktionssitzung am 13. Januar werden verschiedene Versionen erzählt. In einem Punkt sind sie aber einigermaßen deckungsgleich: "Irritiert",, "erstaunt", "erschrocken", "sprachlos", seien die Reaktionen gewesen, nachdem Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne) dort jene inzwischen berühmten Aussagen gemacht hatte. Die, nach denen er Unterlagen in den Akten zu Vorkäufen der Genossenschaft Diese zurückgehalten habe, damit sie nicht politisch instrumentalisiert und für mediale Agitation genutzt werden können.

Die Brisanz sei ziemlich schnell klar gewesen, ist ebenfalls die weitgehende Ansicht. Außer Florian Schmidt. Der habe sie während der Sitzung weder relativiert, noch den Versuch gemacht, das Gesagte wieder einzufangen.

Das Statement ist dann vier Tage später öffentlich geworden. Dafür sorgte die SPD, die damit die vereinbarte Vertraulichkeit brach. Die sei zwar ein hohes Gut, aber der Verdacht möglicher Manipulationen wäre höher zu bewerten, erklärten die Sozialdemokraten.

Darum geht es jetzt: Hat der Baustadtrat möglicherweise die Diese-Akten "frisiert", weil sich dort vielleicht Munition finden lässt, die gegen ihn verwendet werden könnte?

CDU und FDP stellen Strafantrag

CDU und FDP im Bezirk, die Schmidt bei seiner befürchteten politischen Instrumentalisierung direkt genannt hatte, haben am 21. Januar Strafanzeige gegen ihn eingereicht. Sie basiere auf dem Verdacht der Urkundenfälschung, mittelbare Falschbeurkundung, Urkundenunterdrückung, Verwahrungsbruch im Amt und allen weiteren in Betracht kommenden Straf- und Ordnungsvorschriften, wurde dazu erläutert. Angekündigt haben beide Parteien außerdem eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Dass dazu sein Rücktritt gefordert wird, ergibt sich daraus fast schon als logische Konsequenz.

So weit will die SPD (noch) nicht gehen. Sie verlangte zunächst die Herausgabe der gesamten Akten und eine eidesstattliche Versicherung von Florian Schmidt, dass sie vollständig sind. Dafür wurde eine Frist bis zum 27. Januar eingeräumt. Desweiteren setzen die Sozialdemokraten auf die Prüfungen, etwa des Rechnungshofs. Was bisher an Erklärungen des Stadtrats gekommen sei, wäre nicht ausreichend, machten sie deutlich. Auch Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne) müsse darlegen, welche Konsequenzen gezogen werden.

Das bezieht sich nicht zuletzt auf eine Mitteilung des Bezirksamtes, in der auch Florian Schmidt zitiert wird. Darin gab es eine Entschuldigung für die Aussagen am 13. Januar, die, laut Stadtrat "misslich und unangebracht" gewesen seien. Eine weiteres Eingeständnis für Versäumnisse wurde im Zusammenhang mit der Akteneinsicht der SPD gemacht. Die Genossen hätten darauf hingewiesen werden müssen, dass Teile der Unterlagen wegen schützenswerten Belangen Dritter oder drängendem öffentlichen Interesse nicht enthalten sind, wird eingeräumt. Das alles wäre aber fernab von den Vorwürfen einer Manipulation. Denn die werden „entschieden zurückgewiesen“.

Bezirksverordnete vor eigenen Rechten schützen?

Das ist nicht die durchgehende Lesart. Gesetzt den Fall, es wäre so gewesen, dann hätte das Florian Schmidt spätestens bei der Sitzung problemlos darlegen und aufklären können, kommt als Gegenargument. Das sei aber unterblieben, stattdessen dann zu den für die Aufregung sorgenden Aussagen gekommen.

Nicht vollständig nachvollzogen wird von vielen auch der im Nachhinein angegeben Grund, warum in manche Unterlagen die Einsicht verweigert werden musste. Vor allem, was die „öffentlichen Interessen“ betrifft. Bei denen handle es sich ja wohl um solche des Landes Berlin. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sei wiederum ein Teil der Berliner Verwaltung. Zugespitzt bedeute das, die Bezirksverordneten würden vor ihren Rechten „geschützt“. Außerdem wird bemängelt, dass der Stadtrat seine Sätze zwar inzwischen bedauert, sie aber noch immer nicht wirklich erklärt oder eingeordnet habe.

Unterschiedliche Einschätzungen gibt es auch über die Atmosphäre der Sitzung. Sie sei, so Schmidt, "hitzig" gewesen. Andere Beteiligte wollen bis zu den Aussagen davon nichts bemerkt haben. Kein Grund, nach dieser Ansicht, für eine spontane und unüberlegte Wortwahl.

Vorwurf: Größenwahn und Geltungsdrang

Es gibt noch eine andere Erzählung, die, unterschiedlich nuanciert, in den Aussagen eher einen Ausweis von Schmidts "bekannter Emotionalität", "Geltungsdrang", vielleicht auch "Größenwahn" sieht. Nicht immer positive Beschreibungen, die aber unter den aktuellen Gegebenheiten mehr seiner Verteidigung dienen. Salopp gesagt, lieber ein Maulheld als ein Manipulator.

Dass der Stadtrat Akten von missliebigem Inhalt befreit haben könnte, halten demnach selbst einige Menschen für wenig naheliegend, die sich nicht zum Florian-Schmidt-Fanclub zählen. Vielmehr sei der Satz auf sein Freund-Feind-Denken zurückzuführen, lautet diese Einschätzung. Er habe sich mal wieder zum großen Kämpfer stilisieren wollen, der seine Politik gegen viele Widrigkeiten durchsetzen und die Gegner in die Schranken weisen müsse. Sozusagen die Robin Hood-Attitüde. Dass die aber wirklich die angesagten Konsequenzen nach sich gezogen hätte, wird in dieser Version stark bezweifelt.

Klarheit gibt es wahrscheinlich erst, wenn der gesamte Inhalt der Unterlagen bekannt ist. Nicht nur deshalb geht die Geschichte weiter. Spätestens am 29. Januar in der BVV auch auf offener Bühne.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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