Bessere Karten und Kompromisse: Um die Zukunft des RAW-Geländes wird gestritten
Friedrichshain. Einig ist man sich darin, dass es noch einigen Gesprächsbedarf gibt. Etwas anderes ist bei den Diskussionen um die Zukunft des RAW-Geländes auch nicht zu erwarten.
Ende Mai gab es die zweite Planungswerkstatt für den Westteil des Areals, dessen mehr als 50 000 Quadratmeter seit einem Jahr der Göttinger Kurth-Gruppe gehören. Vorgestellt wurden dort erste, von Organisatorin Gerlinde Mack "Moderationsmaterial" genannte Planskizzen, wie eine Bebauung aussehen könnte. Einer dieser Rohentwürfe sah eine Konzentration auf dem Areal zwischen Haubentaucher und der Warschauer Straße vor. Die heutigen Gebäude des Astra und des Suicide Circus würden dann verschwinden. Wobei das Astra bereits durchblicken ließ, es könne sich einen Umzug in einen anderen Neubau vorstellen.
In einer zweiten Variante könnten die beiden Clubs an ihrem Standort bleiben. Dafür würden die Gebäude an der Warschauer Straße höher. Bei einem wäre dann sogar bis zu 13 Stockwerke avisiert.
"Grüne Meile"
Auch entlang des heutigen Hauptwegs soll es möglicherweise Neubauten geben. Gleichzeitig ist dort eine Art "grüne Meile" geplant. Die Größe und Gestaltung der Freiflächen war ebenfalls Thema ebenso wie das, was auf dem Grundstück vis-à-vis des Five-O-Ensembles mit Skatehalle, Kletterkegel, Biergarten und Cassiopeia-Club passieren soll.
Manche Teilnehmer hielten die künftige Baumasse mit einem Volumen zwischen 100 000 und 125 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für zu massiv. Andere sahen in der Werkstatt weiter eine Pseudo-Veranstaltung, die vor allem den Interessen des Eigentümers diene. Am meisten bewegte viele aber die Zukunft des sogenannten soziokulturellen L's. Damit sind einige Gebäude auf dem Gelände gemeint, deren Nutzer mit ihren Angeboten und Dienstleistungen nicht unbedingt ein Vermögen verdienen. Ihr Verbleib müsse auch künftig gesichert sein, verlangte bisher die BVV. Die Kurth-Gruppe ist dazu grundsätzlich bereit und will dort weiter nur günstige Mieten ansetzen. Aber nicht für alle, die sich bisher unter dem Begriff Soziokultur summieren.
Konkret macht sich der Streit, wie bereits berichtet, an der Five-O fest. Für den Skate- und Kletter-Bereich sieht auch der Eigentümer Mietsubventionen vor. Nicht aber für Cassiopeia und Biergarten, denn dabei handelt es sich nach Ansicht von Juniorchef Lauritz Kurth um profitable Unternehmen. Nur mit den bisherigen Überschüssen von Club und Freiluftlokal könne er Skaten und Klettern ermöglichen, argumentiert dagegen Five-O-Chef Tobias Freitag. Sei das nicht mehr gegeben, wären diese Angebote gefährdet.
Stiftung abgelehnt
Inzwischen gibt es die Forderung, der Eigentümer soll die Gebäude des soziokulturellen L an eine gemeinnützige Stiftung abgeben. Was Lauritz Kurth sehr bestimmt ablehnte. "Wir verkaufen hier nichts. Weder an Stiftungen noch an andere Investoren." Eine Lösung für dieses Problem soll jetzt ein Runder Tisch finden, zu dem in Kürze eingeladen wird.
Die Stiftungsidee findet sich ebenfalls in einem Antrag von Grünen und Linken, bei dem es um einen Aufstellungsbeschluss zu einem Bebauungsplan für das RAW-Gelände geht. Er soll neben einer "weitgehend bestandsschonenden Entwicklung des Gesamtensembles" und dem Erhalt der Soziokultur auch das Verbot von Wohnungsneubau beinhalten. Auf Antrag der SPD-Fraktion wurden diese Forderungen im Stadtplanungsausschuss am 15. Juni zunächst vertagt.
Was der Vorstoß bezwecken sollte, machte der Linke-Bezirkverordnete Lothar Jösting-Schüßler deutlich: "Es geht darum, wer die besseren Karten in diesem Spiel hat. Nach meiner Einschätzung sind das wir." Das auch als Replik auf Lauritz Kurth, der zuvor für Kompromisse plädiert hatte.
Beim Thema Wohnungsbau zielte der Vorstoß allerdings weniger auf die Kurth-Gruppe, deren Juniorchef im Ausschuss noch einmal beteuerte, in dieser Richtung überhaupt keine Ambitionen zu verfolgen. Ihre künftigen Neubauen seien für Gewerbe, Büros oder Freizeiteinrichtungen vorgesehen.
Neubauten abschminken
Anders sieht es bei der International Campus aus, die, wenn auch noch nicht völlig vollzogen, inzwischen neuer Besitzer im Ostteil des RAW-Areals ist. Sein Unternehmen sei auf den Bau von Studentenwohnungen spezialisiert und habe das auch hier vor, erklärte ihr Vertreter Christian Wetzel. Bevor das realisiert werden könne, setze man auf Zwischennutzungen, etwa ein Wiederbeleben des Streetfood-Markets, der dort bis vergangenes Jahr unter dem Namen "Neue Heimat" firmierte, sowie Veranstaltungen und Firmenevents in weiteren Hallen.
Neubauten für Studenten könne er sich abschminken, erklärte Baustadtrat Hans Panhoff (Bündnis90/Grüne). Das sei bereits vor dem Kauf klargemacht worden, weshalb International Campus bisher auch nur Eigentümer unter Vorbehalt sei. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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