Schlechte Nachricht oder alles wie gehabt?
Das Gerichtsurteil zur Karl-Marx-Allee und was es bedeutet

Solche und weitere Plakate gehörten bisher zum Protest gegen die Deutsche Wohnen an der Karl-Marx-Allee. | Foto: Thomas Frey
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Am 25. Februar hat das Berliner Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen den Verkauf von rund 670 Wohnungen an die "Deutsche Wohnen" aufgehoben. Aber was bedeutet das? Ist das Urteil ein Rückschlag oder schafft es vielleicht sogar mehr Klarheit?

Anlass für die einstweilige Verfügung und das folgende Verfahren war ein Einspruch der Senatsfinanzverwaltung, aufgrund entsprechender Einwände der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF), heute Teil der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM). Der bezog sich auf ein Vorkaufsrecht, das die Kläger bei der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft sahen. Die Richter werteten das anders. Aus den Privatisierungsverträgen der 1990er-Jahre gehe das nach ihrer Ansicht nicht hervor.

Dieser Rechtsstreit war nur ein Schlachtfeld beim Kampf um die Karl-Marx-Allee. Wenn auch ein nicht unbedeutendes. Bei einem Erfolg der Klage wäre der Kauf durch die Deutsche Wohnen gestoppt worden und das gesamte Paket in den Landesbesitz zurückgegangen. Sie war sozusagen die ganz große Kanone. Die kann zwar jetzt nicht in Stellung gebracht werden, außer es kommt noch zu einer Revision und einem dann anderen Ergebnis. Ob davon Gebrach gemacht wird, will die Senatsfinanzverwaltung jetzt prüfen.

Gestreckter Erwerb kommt jetzt zum Zuge

Andere Abwehrmaßnahmen sind davon aber unberührt. Sie werden sogar erst jetzt richtig wirksam. Das betrifft auch den individuellen Vorkauf wie den sogenannten gestreckten Erwerb.

Wie mehrfach berichtet, haben die betroffenen Mieter die Möglichkeit, ihre Wohnungen bei einer Veräußerung selbst zu erwerben. Rund 30 machten das. Viele mit Hilfe eines Kredits der Investitionsbank Berlin (IBB). Einige anscheinend auch unabhängig davon. Weitere mehr als 300 entschieden sich für den gestreckten Erwerb. Sie kauften ihre Wohnungen, um sie sofort über einen Treuhänder an die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Gewobag zu übergeben. Beide Varianten standen aber bisher unter dem Vorbehalt des Klageverfahrens. Denn bei einem Spruch für das Land Berlin wäre der gestreckte Erwerb hinfällig geworden und die Kaufinteressenten für ihre vier Wände nicht zum Zug gekommen. Das Übergabemodell mit der Gewobag käme deshalb erst jetzt "mit voller Wirkung zur Geltung", so die Einschätzung von Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) nach dem Urteil. Allerdings könnte es auch in diesem Fall noch zu juristischen Auseinandersetzungen kommen. Die insgesamt rund 400 Wohnungen, die laut Baustadtrat rekommunalisiert worden sind, beinhalten auch jene 80, die im Milieuschutzgebiet Weberwiese liegen und für die der Bezirk das Vorkaufsrecht anwenden konnte.

Appell an Deutsche Wohnen

Unterm Strich bleibt aber auch: Die Deutsche Wohnen verfügt nach bisherigem Stand nur über etwas mehr als der Hälfte der 672 Appartements. Aber dieses Eigentum kann sie nach dem Urteil jetzt geltend machen.

Der Berliner Mieterverein forderte den Immobilienmulti zu einem fairen Umgang mit seinen Bewohnern auf. Dazu gehöre unter anderem das Anerkennen und Unterstützen eines Mieterbeirats. Auch Mieterverein-Geschäftsführer Rainer Wild verwies auf den Erfolg des gestreckten Erwerbs. Eine komplette Rückübergabe an die WBF sei dagegen "ohnehin nicht erwartet" worden.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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