Die Schriftstellerin Elfriede Brüning ist gestorben
Im Rückblick wird dieser Nachmittag im Seniorenwohnheim der Volkssolidarität in der Koppenstraße jetzt zu einer Art Vermächtnis. Denn am 5. August ist Elfriede Brüning gestorben. Sie wurde 103 Jahre alt und war Deutschlands älteste Schriftstellerin.
Ihr Leben umfasste sechs verschiedene politische und gesellschaftliche Epochen vom Kaiserreich bis zum wiedervereinigten Deutschland. Sie hat diese Zeiten als Akteurin, Verfolgte, Vorzeigeautorin und kritisch beäugte Autorin erlebt. Nicht nur die Gedankensplitter geben darüber Auskunft, sondern auch ihre 1996 erschienenen Erinnerungen "Und außerdem war es mein Leben."
1910 in Berlin geboren, schreibt Elfriede Brüning bereits mit 16 Jahren erste Zeitungsartikel, unter anderem für das renommierte "Berliner Tageblatt". Anfang 1933 hat sie ihren ersten Roman fertiggestellt. Die "Machtergreifung" der Nazis verhinderte sein Erscheinen. Denn Elfriede Brüning war seit 1930 Mitglied der KPD und bereits zwei Jahre zuvor dem "Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller" beigetreten. Als Mitglied des kommunistischen Widerstandes wurde sie Ende 1935 verhaftet und zwei Jahre im Frauengefängnis in der Barnimstraße eingesperrt. Dort entstand "unter den Augen der Gestapo" der Liebesroman "Junges Herz muss wandern", den sie, neben zwei weiteren Büchern, bis 1945 veröffentlichen durfte.
Nach Kriegsende arbeitet sie kurz als Journalistin, dann als freie Schriftstellerin. Mehr als 30 Romane, dazu Erzählungen, Filmskripte, Portraits umfasst das Werk von Elfriede Brüning. Obwohl überzeugte Genossin stießen manche ihrer Bücher auf Argwohn bei den Kulturfunktionären. Vor allem wenn sie sich mit der Lebens- und Arbeitswelt von Frauen beschäftigte und die Probleme und das Schicksal ihrer Protagonistinnen allzu ungeschminkt darstellte. Umso mehr fanden sich viele ihrer Leserinnen in solchen Porträts wieder. Mit einer Gesamtauflage von rund 1,5 Millionen gilt Elfriede Brüning als eine der populärsten Autoren der DDR.
Selbstbewusst und selbstbestimmt, interessiert und reflektiert, so agierte Elfriede Brüning bis zuletzt. Und, das machte sie nicht nur bei der Lesung an ihrem 103. Geburtstag deutlich, was sie zu sagen hatte, findet sich in ihrem Werk.
Denn die Arbeit als Schriftstellerin war ihr Lebensinhalt, hat sie Brüche, Haft und Anfechtungen überstehen lassen. Ja, diese Tätigkeit sei oft zermürbend, heißt es in den Gedankensplittern. Jahrelang an den Schreibtisch gefesselt, soziale Kontakte vernachlässigend, sich die richtigen Zeilen abzuringen. Aber dann, wenn die Arbeit geschafft, im Text mache Sequenzen besonders gut gelungen sind, das Manuskript als Gesamtkunstwerk vor einem liegt, das sei "ein Glücksgefühl, das für alles entschädigt."
Das war es, was Elfriede Brüning durch ihr langes Leben getragen hat.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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