Von der Aufgabe aufgerieben: Zum Tod von Hans Panhoff

Hans Panhoff bei der Vorstellung des neuen Konzepts für den Görlitzer Park am 26. Oktober 2016. Es war einer seiner letzten öffentlichen Auftritte. | Foto: Thomas Frey
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Friedrichshain-Kreuzberg. Bei einem letzten Treffen Ende vergangenen Jahres sprach Hans Panhoff über vieles, manchmal sogar Persönliches. Nur seine Krankheit klammerte er weitgehend aus.

Es sei ja bekannt, dass er einen Zusammenbruch erlitten habe, umschrieb er, was so nicht allgemein bekannt war. Dass auf seinem Kopf die Haare fehlten, läge an seinem Friseur, „der einen schlechten Tag erwischt hatte“, war eine schon frühere Aussage. Witzeleien, die darüber hinwegtäuschen sollten, dass es ihm nicht gut ging.

In der Nacht zum 11. März ist Hans Panhoff nach, wie es in solchen Fällen meist heißt, „langer schwerer Krankheit“ gestorben. Der bis Dezember 2016 amtierende grüne Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg wurde nur 59 Jahre alt.

Seit Anfang 2011 war er Mitglied des Bezirksamtes, zunächst zuständig für Bauen, Verkehr, Umwelt und Grünflächen, ab 2013 auch für die Stadtplanung. Ein Mammutressort, das gerade in Friedrichshain-Kreuzberg nicht vergnügungssteuerpflichtig ist und jeden Verantwortlichen zum Adressaten und Prellbock unterschiedlicher Interessen macht. Gerade Hans Panhoff hat das verschärft erlebt. Zum Knackpunkt seiner Amtszeit wurde aber sein Agieren beim Thema besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule. Selbst Menschen, die ihm zuletzt nicht mehr besonders nahe standen, vermuten, dass er sich bei diesen Kämpfen „aufgerieben“ habe.

Panhoff hatte während der Chaostage im Sommer 2014 ein Räumungsersuchen bei der Polizei gestellt. 200 Menschen konnten zuvor zum Verlassen des Gebäudes bewogen werden, rund 40 lehnten das aber ab und drohten, sich bei einem Einsatz vom Dach zu stürzen. Dazu kam es nicht, weil durch weitere Verhandlungen den verbliebenen Besetzern zunächst ein Verbleib zugesichert wurde. Die damals ausgehandelten Abmachungen machen es bis heute schwer, rund ein Dutzend von ihnen, die sich noch immer in Hauptmann-Schule aufhalten, herauszuklagen.

Nach seinem Räumungsvorstoß wurde Hans Panhoff zum Feindbild der linksautonomen Szene. Er musste in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) einen Abwahlantrag über sich ergehen lassen und wurde auch in Teilen der Grünen Partei zur unerwünschten Person. Dass er immer wieder argumentierte, sein Vorgehen habe letztlich Bewegung in die völlig festgefahrene Situation gebracht, half ihm nicht weiter.

Die Ereignisse von damals möchte er nicht mehr allzu hoch hängen, sagte der scheidende Stadtrat zweieinhalb Jahr später. Um dann aber doch auf sie einzugehen. Die Namen all derjenigen nenne er nicht, die ihn zuvor aufgefordert hätten, die Schule endlich räumen zu lassen, war ebenso ein Satz, der von nachwirkenden Verletzungen zeugte, wie die Aussage, er haben sich im Gegensatz zu anderen nicht „weggeduckt“.

Auch die Zeit von Beginn der Besetzung Ende 2012 ließ er Revue passieren. Hans Panhoff fungierte lange Zeit als eine Art Ansprechpartner und Vermittler. Die Situation in der Schule sei teilweise völlig aus dem Ruder gelaufen. Es kam zu Übergriffen, Gewaltattacken, schließlich sogar zu einem Mord. Gleichzeitig sei er mit Maximalforderungen konfrontiert worden. „Die verlangten von mir, dass ich alle Flüchtlinge legalisiere“. Das machte selbst den ehemaligen Hausbesetzer sprachlos.

Die Hauptmann-Schule überlagerte danach die weitere Amtszeit – auch in Hans Panhoffs Verhalten. Er machte zwar nie den Eindruck, als sei sein Auftreten Ergebnis einer Diplomatenschule, aber diese Emotionalität war ehrlich und manchmal erfrischend. Jetzt reagierte er oft einfach dünnhäutig. Wenn Bürger beklagten, sie würden über Bauprojekte nicht oder nur unzureichend informiert, bekamen sie nicht selten einen aufbrausenden Konter. Humor und Ironie, zu denen er ohne weiteres fähig war, fehlten nun weitgehend. Und bald wurde deutlich, dass es mit seiner Gesundheit nicht zum besten stand. Da habe er sicher nicht immer souverän reagiert, gestand Hans Panhoff zu. Gleichzeitig sei es ihm wenig einleuchtend gewesen, warum manche Einzelinteressen einen so hohen Stellenwert und das häufig auf Kosten der Allgemeinheit bekommen sollten. Manche Angriffe empfand er als ungerecht. Etwa den vor einem Jahr initiierten Missbilligungsantrag. Aber irgendwann hätte sich festgesetzt: „Wenn es Ärger gab, war es meist der böse Panhoff.“

Trotzdem wäre er gerne weiter Stadtrat geblieben. Mehrere Grüne ließen aber bereits vor der Wahl im vergangenen Jahr und erst recht danach durchblicken, dass sie das für keine besonders gute Idee halten. Im November zog Hans Panhoff daraus die Konsequenzen und verkündete seinen Verzicht. Dass ihn diese Ablehnung enttäuscht und Spuren hinterlassen hat, wurde ebenfalls nicht verschwiegen, selbst als er gleichzeitig betonte, sich nach der Entscheidung auch erleichtert zu fühlen.

Für seine Zukunft schwebte dem ausgebildeten Stadt- und Raumplaner vor, sich wieder um einzelne Projekte zu kümmern, statt, wie in den vergangenen Jahren mit ständigen Vorlagen und Entscheidungen konfrontiert zu werden. Aber dazu ist es nicht mehr gekommen. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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