Was von der Mauer übrig blieb: Erinnerung an die geteilte Stadt

Die East Side Gallery ist das längste noch erhaltene Mauerstück. | Foto: Thomas Frey
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  • Die East Side Gallery ist das längste noch erhaltene Mauerstück.
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Der 5. Februar ist ein sogenanntes Zirkeldatum. An diesem Tag istr die Berliner Mauer genauso lange gefallen, wie sie existiert hat.

Das tödliche Bollwerk trennte die Stadt zwischen dem 13. August 1961 und dem 9. November 1989. Seither ist eine neue Generation herangewachsen, die die Zeit nicht mehr erlebte.

Welche Erinnerungen gibt es heute noch an die Mauer? Konkret in Friedrichshain-Kreuzberg, das sich aus einem einstigen Ost- und einem ehemaligen West-Bezirk zusammensetzt?

Mauerreste: Nur an wenigen Stellen ist die Originalmauer erhalten geblieben. Ihr längstes noch vorhandenes Teilstück umfasst rund 1,2 Kilometer einstige Hinterlandmauer und befindet sich an der Mühlenstraße. Diesen Bereich haben Künstler aus aller Welt Anfang 1990 bemalt. Daraus entstand die East Side Gallery.

Auch entlang der Niederkirchnerstraße an der Nordseite des Ausstellungs- und Dokumentationszentrums "Topographie des Terrors" zieht sich noch ein Stück des Betonwalls. Und ein einzelner Block findet sich am Nordeingang der Zwingli-Kirche am Rudolfplatz.

Mauertote: Es gibt unterschiedliche Angaben, wie viele Menschen an der Mauer ums Leben kamen. Rund 150 waren es mindestens. An viele Tote erinnern Gedenktafeln oder -steine. Auch am May-Ayim-Ufer, dem ehemaligen Gröbenufer, auf der Kreuzberger Spreeseite. Dort starben nicht nur Menschen, die durch die Spree von Ost nach West gelangen wollten, sondern zwischen 1966 und 1975 auch vier Kreuzberger Kinder, die ins Wasser gefallen waren. Der Fluss gehörte in seiner gesamten Breite zu Friedrichshain und damit zu Mauerzeiten zu Ost-Berlin. Deshalb konnten sie von West-Berliner Einsatzkräften nicht gerettet werden. Erst nach dem Tod von Cetin Mert im Mai 1975 war das eingeschränkt möglich. Der Junge ertrank an seinem fünften Geburtstag.

Auf eines der bekanntesten Maueropfer macht eine Stele an der Zimmerstraße aufmerksam, den damals 18-jährigen Peter Fechter. Er war am 17. August 1962 beim Versuch, über den Betonwall zu klettern, angeschossen worden und lag danach 90 Minuten sterbend im Todesstreifen. Heute befindet sich dort eine Ladenzeile mit Café, Friseur und Reinigung.

Mauermuseen: Solche und andere Geschichten aus der Zeit des geteilten Berlin werden auch in mehreren Museen und weiteren Ausstellungsorten thematisiert. Etwa in dem 2016 eröffneten "Wall Museum" im Speicher an der Oberbaumbrücke.

Bereits seit 1962 besteht das Mauermuseum Haus am Checkpoint Charlie. Es erstreckt sich inzwischen über den gesamten östlichen Bereich der Friedrichstraße von der Zimmer- bis zur Rudi-Dutschke-Straße. Ein Besuch ist vor allem für viele Schüler auf Klassenfahrt in Berlin eine Art Pflichttermin.

Mauer-Disneyland: Der Checkpoint Charlie, zwischen 1961 und 1989 der Grenzübergang für Ausländer, ist auch darüber hinaus der touristische Hotspot für alle, die in Mauerzeiten eintauchen wollen. Es gibt Schautafeln, die an die damalige Zeit erinnern oder die Berlin-Box und das Assisi-Mauerpanorama, beide schon in Mitte gelegen. Dazu das Imitat der einstigen US-Wachbaracke, einschließlich Darsteller in Uniformen, die sich gegen Geld fotografieren lassen. Und natürlich die fliegenden Händler, die von sowjetischen Pelzmützen bis DDR-Stempel so ziemlich alles im Angebot haben, was irgendwie zu einem Mauergefühl beitragen soll, das aber oft eher Anklänge eines Disneyland der Vergangenheit hat.

Wo war die Mauer? Markierte Straßenpflaster weisen darauf hin, wie die Mauer einst verlief. Trotzdem ist das oft nur noch schwer nachzuvollziehen. Etwa am Moritzplatz, wo sich einst der Übergang Heinrich-Heinrich-Straße befand.

Auch manche Kuriositäten geraten in Vergessenheit. Zu ihnen gehört das Baumhaus am Bethaniendamm hinter der St.-Thomas-Kirche. Es verdankt seine Entstehung einer territorialen Besonderheit. Denn die Fläche, auf der es steht, lag einst zwar auf der Kreuzberger Seite der Mauer, gehörte aber zu Ost-Berliner Gebiet. Dieses Niemandsland befreite Nachbar Osman Kalin 1983 von Sperrmüll und baute Gemüse an. Es folgte eine kleine Hütte, für die er von der DDR sogar eine Genehmigung bekam. Nach der Wende wurde daraus das Baumhaus. Zwei Mal wurde es danach Opfer von Brandanschlägen. Jeweils wieder aufgebaut, besteht es noch immer.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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