Die Rigaer Straße entwickelt sich zum Wahlkampf-Dauerbrenner

Die Polizei zeigt derzeit Dauerpräsenz vor der Rigaer Straße 94. | Foto: Thomas Frey
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Friedrichshain. Seit Ende Juni ist das Haus Rigaer Straße 94 im Zentrum der Auseinandersetzungen. 300 Polizisten sorgten dafür, dass zwei Wohnungen in dem Gebäude geräumt und die Bauarbeiter dort geschützt wurden.

Nach der Aktion kündigte die in und um das Haus beheimatete linksautonome Szene einen "heißen Sommer" und wahlweise einen "schwarzen Juli" an. Den martialischen Ankündigungen folgten Taten. Nahezu in jeder Nacht brennen irgendwo in Berlin Autos, gehen Scheiben zu Bruch, gibt es Aufzüge mit Gewaltpotenzial, zuletzt eine Großdemo am 9. Juli.

Dass diese Ausschreitungen mit den Geschehnissen in der Rigaer Straße in Verbindung gebracht werden, dafür sorgt die Szene etwa mit Bekenntnissen in einschlägigen Internetforen. Die Zerstörungen seien Teil des ebenfalls nach dem Einsatz angekündigten "Rachefeldzugs", bei dem Schäden in Millionenhöhe prophezeit wurden.

Rechtsstaat nicht verhandelbar

Seither ist die Rigaer Straße einmal mehr ein stadtweites Thema und entwickelt sich zu einem Wahlkampf-Dauerbrenner. Selbst im Senat gibt es deshalb Streit. Während der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) wenn auch vorsichtig gefordert hatte, es sollte neben repressiven Maßnahmen auch Gesprächsangebote geben, lehnt das CDU-Innensenator Frank Henkel ab. Der Rechtsstaat sei nicht verhandelbar, meint Henkel. Es würde auch niemand auf die Idee kommen, mit Rechtsradikalen zu verhandeln.

Für "hochgefährlich" hält Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis 90/Grüne) das Agieren des Innensenators. Auch sie zieht die Wahlkampfkarte, wenn sie ihm vorwirft, er gehe auf Kosten des Friedrichshainer Nordkiezes auf Stimmenfang in Steglitz-Zehlendorf oder Marzahn-Hellersdorf.

Angespielt wird damit gleichzeitig auf die Einstufung als Gefahrengebiet, die schon länger für die Gegend um die Rigaer Straße gilt. Das bedeutet zum Beispiel, dass Polizisten auch ohne konkreten Anlass die Ausweise von Passanten kontrollieren können. Straßensperren kommen hinzu. Für eine größere Akzeptanz der Einsatzkräfte im Kiez sorgt das nicht unbedingt. "Ich bin bestimmt kein Freund der Chaoten aus der 94, aber...", beginnt mancher Satz von Anwohnern. Der Polizeieinsatz teilweise von Hundertschaften sei genauso gewöhnungsbedürftig.

Verhärtete Fronten

Ebenfalls nicht gerade vertrauensbildend war das Auftauchen einer Ermittlungsakte auf einer rechtsradikalen Website. Sie bezog sich auf einen mutmaßlichen Angriff von Bewohnern der Rigaer 94 im Januar gegen drei Personen, die der rechten Szene zugerechnet werden. Auf dem veröffentlichten Schriftsatz waren teilweise Klarnamen zu erkennen. Zu dem Vorgang wurde inzwischen ein Strafverfahren eingeleitet.

Wie schon eine Mehrheit in der BVV hält auch Monika Herrmann Gespräche für notwendig, um die Situation zu entkrampfen. Allerdings könne sie "Herrn Henkel nicht an den Tisch zitieren". Er wundere sich über manche Äußerungen, die er für politisch gefährlich halte, kontert wiederum der Innensenator.

So stehen sich verhärtete Fronten gegenüber, das Thema entwickelt sich zum Politikum, das von unterschiedlichen Interessen gesteuert wird. Und die nahe Wahl tut ihr übriges. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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