Ausstellung zeigt besonderen Blick auf den Ersten Weltkrieg

Notizen aus der Etappe. Bernhard Elsner im Ersten Weltkrieg. | Foto: Copyright: RuDi-Archiv
  • Notizen aus der Etappe. Bernhard Elsner im Ersten Weltkrieg.
  • Foto: Copyright: RuDi-Archiv
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain. Friedrichshain-Kreuzberg. Vor 100 Jahren, am 1. August 1914 begann der Erste Weltkrieg. Das vierjährige Gemetzel wird heute allgemein als die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts gesehen.

Zum Gedenkjahr sind viele neue Bücher erschienen und beschäftigen sich zahlreiche Ausstellungen mit diesem Thema. Auch im RuDi Kultur und Nachbarschaftszentrum in der Modersohnstraße 55 gibt es eine solche Schau. Sie legt ihren Schwerpunkt allerdings auf den Blick von unten. Wie haben die Hauptbetroffenen, die Soldaten und ihre Familien, diese Zeit erlebt?

Aufschluss darüber geben Briefe und Tagebücher ebenso, wie der Rahmen, in dem dieses Drama begann und der bald aus den Fugen geriet. Ausgedrückt beispielsweise an einem großen Sofa, das beschauliche Behaglichkeit symbolisieren soll. Mit der war es jetzt vorbei.

Zu Hause hatten die Menschen bald mit steigenden Preisen und Lebensmittelknappheit zu kämpfen. Sie führten zu Unterernährung und mangelnder Widerstandskraft. Millionen starben an Hunger oder Krankheiten, wie der spanischen Grippe. In Friedrichshain regte sich dagegen schon gut ein Jahr nach Ausbruch des Krieges Widerstand. Frauen gingen im Oktober 1915 gegen den Wucher bei den Waren ihres täglichen Bedarfs auf dem Markt am Boxhagener Platz auf die Barrikaden. Der Aufruhr ist als "Friedrichshainer Butterkrawalle" zumindest in die lokale Geschichte eingegangen. Was sie von der Front erfuhren sorgte ebenfalls nicht unbedingt für verstärkten Durchhaltewillen. Im Westen gab es einen vierjährigen Stellungskrieg, bei dem für wenige Meter Bodengewinn tausende von Soldaten geopfert wurden. Die Euphorie, die der Kriegsbeginn teilweise ausgelöst hat, war längst verflogen. Flächendeckend war sie ohnehin nie vorhanden.

Einen Kontrapunkt zu diesen Erfahrungen bildet allerdings die Geschichte von Bernhard Elsner. Elsner, Jahrgang 1877, stammte aus Kreuzberg, wo er zunächst in der Mittenwalder, dann in der Zossener Straße wohnte.

Obwohl er 1914 bereits 37 Jahre alt war, wurde er noch eingezogen. Was wohl damit zu tun hatte, dass er von Beruf Instrumentenbauer und Klavierstimmer war. Deshalb musste Bernhard Elsner auch nicht in den vordersten Linien kämpfen, sondern wurde in der Etappe eingesetzt. Dort hatte er anscheinend für einen anständigen Klang der Pianos in den Offizierkasinos zu sorgen. Und, so legen seine Aufzeichnungen nahe, er ist in dieser Zeit viel herumgekommen.

Bernhard Elsners Kriegserfahrungen unterscheiden sich völlig von denen der meisten Soldaten. Aber sie runden das Bild ab. Nicht nur für jeden Deutschen bedeutete die Zeit zwischen 1914 und 1918 eine tiefe Zäsur im Leben, die sehr lange nachwirkte. Im Fall des Klavierstimmers zeigte sich das drin, dass er später zu einem überzeugten Anhänger der Nazis wurde.

Diesen Einschnitt deutlich zu machen und dabei vor allem auf Einzelschicksale zurückzugreifen sei der Sinn der multimedialem Ausstellung, sagt Kurator Hans-Peter Maus.

Gleichzeitig weist ihr Titel darüber hinweg. Er lautet: "Ein Krieg, ganz aus Versehen?" Bezug genommen wird natürlich auf die heute vielfach zitierte These, die Nationen seien damals in diese Auseinandersetzung "hineingeschlittert", ohne sich der Konsequenzen nur im entferntesten bewusst zu sein. Aber, diese Frage steht natürlich im Raum, gilt das nicht für viele militärischen Konflikte bis heute?

Die Ausstellung wird bis 27. August gezeigt. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Donnerstag von 10 bis 18, Freitag, 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 183× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 366× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.331× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.161× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.