Zuhause für Biber, Fischotter und Co
Eine Exkursion zum Kratzbruch und zur Liebesinsel, die für Besucher gesperrt sind

Natur pur auf dem Kratzbruch. | Foto: Thomas Frey
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  • Natur pur auf dem Kratzbruch.
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Die Anreise erfolgt mit einem Boot der Wasserschutzpolizei. An Bord sind Umweltstadträtin Clara Herrmann (Bündnis 90/Grüne), Mitarbeiterinnen ihres Amtes und Vertreter des Naturschutzbundes Nabu.

Das Ziel der kurzen Spreefahrt ist zunächst der Kratzbruch, später die Liebesinsel, zwei Eilande unweit der Nordostspitze der Stralauer Halbinsel. Sie sind Naturschutzgebiet und normalerweise für Menschen gesperrt. Nur die Nabu-Mitglieder haben Zugang. In der Regel ein Mal im Jahr für eine Bestandsaufnahme.

Nicht nur sie interessiert vor Ort, wie es dem Biber so geht. Eine wohl siebenköpfige Familie habe sich auf beiden Inseln eingerichtet, war zu erfahren. Zu sehen ist sie am Tag nicht, aber es gibt einige Spuren, die auf ihren Aufenthalt hinweisen. Zum Beispiel angefressene Baumstämme.

Bei Bäumen, die nicht zur Nahrungsaufnahme herhalten sollen, werden am Stammgrund Gitter angebracht. Andere Stämme kippten aufgrund des Fraßes bereits um. Manche neigten sich in Richtung Wasser. Was so bleibt, eigentlich sogar gewünscht ist. Denn dadurch ergeben sich beliebte Refugien für Vögel.

Uferbefestigung wird erneuert und verbreitert

Deutlich wird der Biberbestand auch durch ihre Behausungen: ein kleiner Bau auf dem Kratzbruch, ein sehr großer auf der Liebesinsel. Anscheinend pendelt die Sippe via Wasser zwischen den beiden Wohnsitzen. Wobei vor allem der Kratzbruch vorwiegend als Speisekammer herhalten muss.

Auch künftig sollen die Bieber das können, obwohl Baumaßnahmen geplant sind. Rund um beide Spreebiotope wird die Uferbefestigung erneuert, verbreitert und mit weiteren Hindernissen versehen. Für die Biber oder auch Fischotter bleiben aber freie Zugangsmöglichkeiten. Am Kratzbruch sollen die Arbeiten im September beginnen und voraussichtlich vier Monate dauern. Ab Herbst 2021 passiert gleiches auf der Liebesinsel.

Graugänse, Kormorane, Eisvögel sind weitere Nutzer der beiden Naturschutzgebiete. Als Baumarten werden Pappeln, Ahorn, Erlen oder Eichen aufgezählt. Das Alter der Größten ist schwer zu schätzen. Über 70, vielleicht sogar mehr als 100 Jahre.

Der Kratzbruch erinnert an einen Urwald mit einer seit langem wild wachsenden Vegetation. Auch wenn sich manchmal Spuren menschlicher Hinterlassenschaften finden. Plastiktüten, Scherben, Teile einer Getränkedose werden eingesammelt, an der Liebesinsel auch der Aufsatz eines Müllbehälters. Dazu die Überreste teilweise schon vor Jahrzehnten abgekippter Gegenstände wie etwa eine Blechtonne oder etwas, das aussieht, als wäre es einst ein Butterfass gewesen, oder auch die vielen abgelegten Steine auf der Liebesinsel, hinterlassen zu DDR-Zeiten, als manches Ausrangierte dort abgelagert wurde.

Einst ein Eldorado für Segler

Der aufgelesene Unrat ist eher überschaubar. Was darauf hindeutet, dass das Zugangsverbot anscheinend weitgehend eingehalten wird. Vor einigen Jahren hätten sie noch weitaus mehr Abfall gefunden, sagen die Nabu-Leute. Auch der Wasserschutzpolizei sind zuletzt keine Insel-Hopper mehr aufgefallen. Wer sich zu nahe heranwagt, werde auf das Sperrgebiet aufmerksam gemacht. Das gilt auch im Umkreis von zehn Meter um die Eilande und zwischen ihnen. Ein Hausboot hält an diesem Tag die Grenze ziemlich genau ein.

Menschenleer war es hier nicht immer. Im 19. Jahrhundert galt dieses Spreegebiet als Eldorado für Segler, wurde teilweise als Geburtsstätte des deutschen Segelspots bezeichnet. Auf dem Kratzbruch siedelte sich 1920 der "Yachtclub Godewind" an. Andere Vereine hatten Liegeplätze auf der Liebesinsel, etwa der "Segelclub 1919 Stralau". Mauerreste zeugen davon, dass es dort einst sogar ein festes Gebäude gegeben hat. Und zwar eine Gaststätte, das "Ernstsche Haus", die zwischen 1880 und dem Zweiten Weltkrieg existierte. Zu erreichen war sie mit einer Fähre, die zwischen Stralau und der Insel verkehrte – vor allem im Sommer mehr als nur ein Geheimtipp.

Diese Geschichte endete ebenso wie die der Seglerrefugien nach 1945. Vorstöße, das Lokal wieder aufleben zu lassen, hat es zwar immer wieder gegeben. Seit dem Ausweisen als Naturschutzgebiet 1999 sind sie aber endgültig erfolglos. Seither bleibt nur der Blick vom Stralauer Ufer. Verbunden mit etwas Neid auf die Biber und andere Bewohner.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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