Friedhofsverband setzt Pilotprojekt um
Zisterne macht Friedhof klimafit

Die Projektpartner: Annika Gerold, Sven Hänichen, Clara Herrmann, Horst Albers und Tillmann Wagner (v.l.). | Foto: Ulrike Kiefert
4Bilder
  • Die Projektpartner: Annika Gerold, Sven Hänichen, Clara Herrmann, Horst Albers und Tillmann Wagner (v.l.).
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

Auf dem Friedhof an der Landsberger Allee wässert jetzt Regenwasser das Grün. Möglich macht das eine wettergesteuerte Zisterne, die für Berlin einmalig ist. Der Evangelische Friedhofsverband Berlin Stadtmitte setzte das Klimaschutz-Pilotprojekt mit Partnern um.

Wer einen Garten hat, kennt das: Mit gespeichertem Regenwasser lässt sich kostbares Trinkwasser sparen. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. Dass das auch auf hektargroßen Friedhöfen funktionieren kann, macht der Evangelische Friedhofsverband Stadtmitte vor. Auf dem Georgen-Parochial II-Friedhof an der Landsberger Allee sammelt eine 200 Kubikmeter große Zisterne den Regen vom Dach eines benachbarten Neubaus, von Hof- und Parkplatzflächen, um die Friedhofsvegetation grün zu halten. Statt mit Trinkwasser werden Rasen, Bäume und Sträucher über das unterirdische Leitungsnetz des Friedhofes jetzt also mit Regenwasser bewässert.

Zisterne arbeitet wettgesteuert

Unterm Strich reduziert der 20 Hektar große Totenacker damit seinen Trinkwasserverbrauch um 70 Prozent. Und nicht nur das. Das wertvolle Nass fließt nicht mehr ungenutzt in die Kanalisation. Damit das mit dem Regenwasser auch zuverlässig klappt, „arbeitet“ die Zisterne wettergesteuert. Wie das geht, erklärt Ingenieur Sven Hänichen: „Wir ziehen die Daten von fünf Wetterdiensten ab. Wird starker Regen angekündigt, entleert sich die Zisterne automatisch und schafft Platz für neues Regenwasser.“ Das abgepumpte Wasser wird in ein sogenanntes Überlaufbiotop oder auch „Wechselfeuchtgebiet“ auf dem artenreichen Friedhof geleitet. In Berlin sei diese innovative Zisternen-Technik bisher einzigartig, sagt Hänichen.

Regenwasser vom Nachbardach

Für seinen Piloten, der den Friedhof klimafit machen soll, hat sich der Evangelische Friedhofsverband Stadtmitte mehrere Projektpartner ins Boot geholt: das Bezirksamt, das die Fördermittel organisierte, und die Ingenieure von Oikotec, vor allem aber die Centrum TÜ Landsberger Allee GmbH. Vom 3500 Quadratmeter großen begrünten Dach des Verwaltungsgebäudes, das die Centrum nebst Kita gerade in direkter Nachbarschaft zum Friedhof baut, kommt nämlich das Regenwasser. Um es für den Friedhof als fremdes Grundstück nutzen zu können, schloss der Friedhofsverband mit der Centrum eine nachbarschaftliche Vereinbarung. „Wir hatten großes Interesse daran, uns an dem Projekt zu beteiligen“, sagt Horst Albers, der im Auftrag der Centrum die technische Projektleitung übernommen hat. Bei Neubauten sei eine nachhaltige Regenentwässerung zudem vorgeschrieben.

Fördergeld vom Senat

Der Evangelische Friedhofsverband Stadtmitte wiederum engagiert sich auf seinen fünf Friedhofsstandorten in Friedrichshain und Kreuzberg mit insgesamt 14 Friedhöfen schon länger für den Klimaschutz. Mit energetischer Gebäudesanierung zum Beispiel, dem Pflanzen robuster Baumarten wie der Winterlinde oder mit Urban Gardening. Im vergangenen Jahr startete der Verband ein Monitoring. „Wir haben auf allen Friedhöfen den Zustand der Bäume untersucht und überlegt, wo sinnvolles Regenwassermanagement zum Bewässern möglich ist“, informiert Tillmann Wagner, Geschäftsführer des Friedhofsverbandes. So kam der Georgen-Parochial II-Friedhof ins Spiel. Über das senatsgeförderte Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) flossen dann rund 500 000 Euro Fördermittel für Pilotmaßnahmen zur Klimaanpassung auf den 14 Friedhöfen. Davon finanzierte der Friedhofsverband auch die Zisterne. Die Centrum legte noch Geld obendrauf.

In Friedrichshain-Kreuzberg machen die Friedhöfe mit ihren 67 Hektar rund 15 Prozent aller Grünflächen aus. Friedhöfe erfüllen für Bürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) daher eine wichtige Funktion. „Sie sind Orte der Trauer, der Stille, aber auch grüne Oasen und kühlende Orte für die Kieze.“ Um sie zu schützen, brauche es entsprechende Maßnahmen. „Es wird nicht mehr regnen als bisher, und es wird heißer werden.“ Der Bezirk brauche deshalb innovative Lösungen, um Wasser zu schonen und zu speichern, ergänzt Umweltstadträtin Annika Gerold (Grüne). „Wir haben extrem viele geschädigte Bäume im Bezirk.“

Blaupause für Parks und Grünflächen

Die Zisterne auf dem Friedhof könnte da als Blaupause für öffentliche Parks und Grünflächen dienen. Für den Rudolfplatz zum Beispiel, für den das Bezirksamt Fördermittel beantragt hat, um Regenwasser aufzufangen und zu speichern. „Für den Lausitzer Platz haben wir einen freiraumplanerischen Wettbewerb ausgeschrieben“, informiert die Bürgermeisterin. Fördermittel sollen auch in den Wrangelkiez (Falckensteinstraße) und den Bergmannkiez fließen. Für mehr Klimaschutzmaßnahmen hatte das Abgeordnetenhaus zusätzlich zehn Millionen Euro für 2022 beschlossen. Für 2023 wurden 20 Millionen Euro draufgepackt.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 93× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 536× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 501× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 451× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 477× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.