Krimis und Berliner Geschichte waren seine Leidenschaft
Trauer um Horst Bosetzky
Der Schriftsteller und Soziologe Horst Bosetzky ist am 16. September im Alter von 80 Jahren einer schweren Krebserkrankung erlegen.
Für einen Kriminalschriftsteller ist der Tod immer ein Thema. Das von vielen Menschen mit Angst besetzte Tabu gilt für ihn nicht. Erst recht nicht für Horst Bosetzky, der in den derben Aspekten des Berlinerischen vor allem den Spiegel der Wirklichkeit sah, und weniger Anlass, die Nase zu rümpfen oder gar die Augen zu schließen. So machte es ihm riesigen Spaß, 2010 die Anthologie „Ran an’n Sarg und mitjeweent“ vorzustellen – im Sarglager des Bestattungsinstituts Otto Berg an der Residenzstraße.
Geschrieben hat Horst Bosetzky bis zuletzt, die schwere Krebserkrankung sah er als Herausforderung, die es zu bewältigen galt. Noch in diesem Februar sagte er eine Lesung im Bürgerbüro des Spandau SPD-Abgeordneten Daniel Buchholz zu, die er dann doch absagen musste, weil er wieder ins Krankenhaus musste. Die Lesung wäre so etwas wie eine Rückkehr zu seinen beruflichen Anfängen gewesen. Unweit von der Nonnendammallee absolvierte Bosetzky eine Lehre zum Industriekaufmann bei Siemens.
Studium als Autor von Groschenheften finanziert
Damals war noch nicht absehbar, dass der junge Mann aus Neukölln, Absolvent der später berühmt-berüchtigt gewordenen Rütli-Schule, zu einem der bekanntesten Berliner Schriftsteller werden würde. Sein anschließendes Soziologie-Studium finanzierte er unter anderem als Autor von Groschenheften. Das hing er lieber nicht an die große Glocke – wer eine wissenschaftliche Karriere anstrebte, sollte auf einen Ruf als Unterhaltungsschriftsteller lieber verzichten.
Das hielt Bosetzky auch noch so, als er Professor an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege wurde. Da kannten die deutschen Krimileser schon einen gewissen „-ky“. Der brachte einen ganz neuen Ton in die Erzählungen von Mord und Totschlag. Die Milieus von Arbeitern und Studenten nahm er ebenso in den Blick wie die von sozial Abgerutschten. Oft waren es eher die Umstände, die seine Figuren zu Verbrechern machten, weniger der böse Charakter an sich.
Soziale Themen bewegten Bosetzky auch außerhalb von Literatur und Soziologie. Er wurde Mitglied der SPD, setzte sich als Gewerkschafter für Arbeitnehmerrechte ein und auch für die von Autoren. Schließlich war nicht jeder Schreiber so gut dran wie er: Bürgerlicher Beruf plus Honorare für Romane, Drehbücher und Hörspiele.
Mitbegründer der Kriminacht
Als sich –ky in den 1980er Jahren outete, lebte er in Frohnau. Und hier hinterließ er auch Spuren. Hier begann er seine Familiensaga, die anhand seiner (zum Teil erfundenen, zum Teil realen) Familie Berliner Geschichte vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart erzählt. Die Reinickendorfer Krimi-Nacht in der Humboldt-Bibliothek ist seit langem ein Muss für Krimileser. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung, Marco Käber, erinnert in seinem Nachruf daran, dass der überzeugte Nicht-Autofahrer Bosetzky literarisch auch der Berliner S-Bahn ein Denkmal gesetzt und sich immer wieder gegen Fremdenfeindlichkeit engagiert hat.
Zu seinem 80. Geburtstag am 1. Februar dieses Jahres erhielt Bosetzky von Kulturstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) die Humboldt-Medaille, die höchste Auszeichnung des Bezirks Reinickendorf. Unsterblich geworden war da Bosetzky schon längst durch seine vielen Geschichten.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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