Westfälische Straße: Parkscheibe statt Parkuhr
So hart um seine Kundschaft kämpfen wie in diesen Tagen, das musste Philip Graf Schaffgotsch noch nie. Um seine Einnahmen konstant zu halten, muss der Inhaber des Weingeschäfts "La Cave de Bacchus" vier zusätzliche Angestellte beschäftigen, die sich nur mit der Ausfuhr der Produkte befassen. Früher war es umgekehrt: Da kamen die motorisierten Kunden zu ihm. Das war im vergangenen Jahrzehnt, bevor ein Radweg auf der Westfälischen Straße den Halt in zweiter Reihe zum Risiko machte. Heute schätzen sich Geschäftsleute glücklich, wenn die Ladentüre wenigstens hin und wieder aufschwingt. "Aber wenn wirklich mal ein Kunde kommt, hat er kaum Zeit", bedauert Schaffgotsch. Tickende Parkuhren, übereifrige Knöllchenschreiber und ein Radweg, den kaum jemand nutzt - dies sind die Hauptursachen, die der Verein Westfälische Straße für wegbrechende Umsätze benennt.
Kostenloses Parken. Das wäre aus Sicht des Vorsitzenden Peter Lübeck die Lösung. Er fordert dies, weil es ihm seine Kunden so sagen. Wie dergleichen funktionieren kann, das sehe man an der Reichsstraße in Westend und am Kurfürstendamm: "Da klappt es mit einer Parkscheibenregelung wunderbar." Der Wunsch nach etwa 20 kostenlosen Kurzzeitparkplätzen in drei Bereichen der Westfälischen Straße, in der BVV zuletzt vorgetragen von der CDU-Fraktion, fand keinen Anklang.
Einige Insolvenzen später versuchen es Lübeck und seine Schriftführerin Britta Siewert erneut. Ihr 35 Mitglieder starker Verein hat den Großteil der Geschäftsleute in der "Westfälischen" hinter sich versammelt. Fragt man den Grünen-Verkehrsexperten Roland Prejawa, dürfen die Händler auf Hilfe hoffen. Die würde aber anders aussehen als erwartet. "Ich kann das Anliegen des Vereins voll verstehen", sagt Prejawa. "Wir befürworten aber nach wie vor eine Parkraumbewirtschaftung. Diese Möglichkeit zur Regulieren ist die praktikabelste Lösung."
Dass die Händler nach kostenlosen Abstellflächen rufen, dann aber keine Einnahmen entstünden, um Kontrolleure zu bezahlen, die das Falschparken ahnden - diese Zwickmühle stellt Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) heraus. Genau wie Prejawa verfolgt auch er die Entwicklungen in Halensee mit Sorge, hat das Ordnungsamt ausdrücklich angewiesen, ein Auge zuzudrücken. "Die Mitarbeiter können im eigenen Ermessen entscheiden und schreiben nicht bei jedem Ladevorgang ein Knöllchen", erklärt Schulte. "Aber während eines Restaurantbesuchs auf dem Fahrradweg parken, das geht natürlich nicht."
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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