Schüler und Politiker erinnern an die Pogromnacht 1938
Ein Ausgangspunkt am 10. November war die Gedenkstätte Siegmundshof. Dort hatte 1924 die orthodoxe Israelitische Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel in einem ehemaligen Atelierhaus ihr zweites Gemeindezentrum mit Synagoge und Schule eingerichtet. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Synagoge zerstört.
Weitere Stationen waren das Mahnmal in der Moabiter Levetzowstraße, wo sich einst eine der größten Synagogen Berlins befand, in der die Nationalsozialisten 1941 ein Sammellager für Berliner Juden einrichteten, die sie anschließend in den Osten deportierten, die Gedenktafel vor dem Jüdischen Krankenhaus in der Heinz-Galinski-Straße in Wedding, während der Nazi-Zeit Sammellager und Zwischenstation für die Transporte in die Konzentrationslager und Ghettos, aber auch Zufluchtsstätte für Untergetauchte, sowie das Deportationsmahnmal auf der Putlitzbrücke. Sie überspannt den Güterbahnhof Moabit, von dessen Gleisen 69, 81 und 82 ab Januar 1942 mehr als 32 000 jüdische Bürger in die Lager verschleppt wurden. Die Routen zeichnen den Weg nach, den jüdische Berliner bis zur Putlitzbrücke gehen mussten, bevor sie abtransportiert wurden.
"Wenn wir heute durch diese Straßen laufen, dann wollen wir damit zeigen, dass das unter den Augen der anderen Berliner geschah", sagte Christian Hanke bei seiner Ansprache im Siegmundshof. Der Rathauschef mahnte, "dass wir dringend aufpassen müssen, dass in unserem Land keine Menschen diskriminiert werden". Das geschehe häufig in Bezug auf Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien, die vor Gewalt und Krieg aus ihrer Heimat flüchteten. "Wir haben die Verpflichtung als Deutsche und als Menschen, die in Deutschland leben, sie willkommen zu heißen, sie zu schützen und ihnen Perspektiven zu geben." Christian Hanke nannte als Opfer von Diskriminierung auch die Roma. "Wie schnell ist da die Rede von sogenannten Zigeunern, vor denen man sich vorsehen muss, weil sie nur klauen und ansonsten nichts auf die Reihe bekommen. Da muss man Stopp sagen, gerade bei uns im Bezirk Mitte."
Mario Offenberg von Adass Jisroel sagte zu den Schülern: Die Ausgrenzung, Verfolgung und Ermordung der Juden in Deutschland sei "nicht über Nacht gekommen". Es habe Zuschauer und Komplizen gegeben. "Jeder muss sich in der Zeit, in der er lebt, entscheiden, wo er sich sieht und was in seinem Namen getan wird." Träume seien möglich, etwa der, dass "alle solidarisch sind, Respekt und Zivilcourage, auch in kleinen Dingen, zeigen".
An den Stationen des Gedenkmarsches hatten Schüler selbst verfasste Gedichte, Kurzgeschichten und eigene Rechercheergebnisse vorgetragen. Am Abend fand im Rathaus Tiergarten eine Gedenkstunde statt. Rabbiner Yehuda Teichtal sprach über die Bedeutung des Gedenktages. Schüler des Gymnasiums "Carl Philipp Emanuel Bach" umrahmten die Feier musikalisch. Nach der Kranzniederlegung im Rathausfoyer sang Kantor Amnon Seelig das Kaddisch.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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