Die Entscheidung bleibt umstritten
Gomringer-Gedicht verschwindet von Hochschul-Fassade

Das Gedicht „Avenidas“ von Eugen Gomringer wird im Rahmen der Fassadensanierung vom ASH-Gebäude entfernt.  | Foto: hari
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  • Das Gedicht „Avenidas“ von Eugen Gomringer wird im Rahmen der Fassadensanierung vom ASH-Gebäude entfernt.
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  • hochgeladen von Harald Ritter

Die Leitung der Alice Salomon Hochschule setzt den Beschluss um, das Gedicht „Avenidas“ von Eugen Gomringer an der Fassade des Hochschulgebäudes zu ersetzen. Die Auseinandersetzung um die Tilgung des Gedichts ist damit aber weder beendet noch vergessen.

Denn das Gomringer-Gedicht bleibt dem Bezirk an anderer Stelle erhalten. Die Wohnungsgenossenschaft „Grüne Mitte“ will es an die Fassade eines ihrer Häuser anbringen und sogar abends beleuchten. Den Bauantrag hat die Genossenschaft im August gestellt.

Damit wird die „Grüne Mitte“ voraussichtlich viele Jahre an einen Streit erinnern, der in den zurückliegenden beiden Jahren das Ansehen der Hochschule und auch des Bezirks erheblich beschädigt hat. Der Schweizer Eugen Gomringer, geboren 1925 in Bolivien, gewann 2011 den Poetik-Preis der ASH. Anschließend ließ die Hochschule sein Gedicht „Avenidas“ auf die Fassade des Hochschulgebäudes in großen Lettern auftragen. Darin schildert der Dichter in knappen Worten in Spanisch seine Empfindungen beim Anblick von Blumen und Frauen bei einem Spaziergang durch eine Allee.

Der Allgemeine Studentenausschuss (AStA) der Hochschule kritisierte im April 2016 in einem Offenem Brief das Gedicht als Ausdruck eines veralteten Frauenbildes und forderte, es zu entfernen. Dem folge die Hochschulleitung im August mit einem entsprechenden Beschluss. Dieser löste deutschlandweit besonders unter Schriftstellern, Publizisten und Politikern Empörung aus. Die Vorwürfe an die Hochschule reichten von mangelndem Kunstverständnis bis Zensur.

Die Hochschulleitung versuchte dem zu begegnen, indem sie die Studenten über die Neugestaltung der Fassade mitentscheiden ließ. Die Sanierung habe ohnehin angestanden, hieß es, und werde mit dem Anbringen eines anderen Gedichtes verbunden. Gleichzeitig wurde nach einer Übereinkunft mit Gomringer gesucht. Im Januar dieses Jahres fasste die Hochschulleitung den Beschluss, die Gedichte an der Fassade künftig alle fünf Jahre auszuwechseln.

Die Fassadensanierung beginnt Mitte September. Ein genaues Datum nannte die Pressestelle der Hochschule nicht. „Avenidas“ von Gomringer wird dabei durch ein Gedicht der 1959 ín Sachsen geborenen Lyrikerin Barbara Köhler ersetzt. An der Wand sollen einige Buchstaben von „Avenidas“ verschränkt mit dem neuen Text erhalten bleiben. Das Gomringer-Gedicht wird zusätzlich auf einer Edelstahltafel in der Größe von einem mal 1,4 Metern am Sockel der Fassade angebracht.

Die Wohnungsgenossenschaft „Grüne Mitte“ hatte sich aus Protest gegen die Vorgänge an der ASH bereits im vergangenen Jahr an Gomringer gewandt und vertraglich vereinbart, „Avenidas“ auf einer ihrer Fassaden anzubringen. Das soll großflächig an der Rückwand des Hauses Kyritzer Straße 82 geschehen. Diese befindet sich an der viel befahrenen Gothaer Straße. Die Metallbuchstaben sollen abends hinterleuchtet werden. „Wir haben den Bauantrag beim Bezirksamt gestellt und bekommen hoffentlich bald die Genehmigung“, erklärt Grüne-Mitte-Vorstand Andrej Eckhardt.

Das Gedicht „Avenidas“ von Eugen Gomringer wird im Rahmen der Fassadensanierung vom ASH-Gebäude entfernt.  | Foto: hari
An die Stelle des Gomringer-Gedichts tritt an der Fassade der ASH ein Gedicht der Lyrikerin Barbara Köhler.  | Foto: Fotomontage ASH
Autor:

Harald Ritter aus Marzahn

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