Viele offene Fragen zum Durchgangsverkehr
Gutachten lehnt Modalfilter im Waldseeviertel ab

Gegen die Modalfilter protestierte die Initiative Offene Nachbarschaft, hier am 13. August 2020, dem Jahrestag des Mauerbaus. Das Ergebnis des Gutachtens ist deshalb in ihrem Sinn. | Foto: Initiative Offene Nachbarschaft
  • Gegen die Modalfilter protestierte die Initiative Offene Nachbarschaft, hier am 13. August 2020, dem Jahrestag des Mauerbaus. Das Ergebnis des Gutachtens ist deshalb in ihrem Sinn.
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"Was würden Sie uns raten, wenn Sie an unserer Stelle wären?", fragte der FDP-Bezirksverordnete David Jahn den Gutachter. Eine wirkliche Antwort gab es darauf aber nicht.

Dabei waren die Ergebnisse des Gutachtens zur Verkehrsberuhigung im Waldseeviertel ziemlich eindeutig, zumindest hinsichtlich der Dinge, die nicht gemacht werden sollten.

Vor allem spricht sich das Gutachten gegen sogenannte Modalfilter aus. Sie sind ein Mittel der Verkehrsberuhigung durch Verkehrszeichen, bauliche Sperren oder Stadtplätze, um damit den Durchgangsverkehr zu verhindern. Sie sind seit Langem ein Streitpunkt im Waldeseeviertel.

Autofahrer suchen sich Schleichwege

Das Viertel grenzt an die Gemeinde Glienicke/Nodbahn in Brandenburg. Die Grenze verläuft weitgehend entlang der Oranienburger Chaussee, der B 96. Weil auf dieser Magistrale meist viel Verkehr ist, suchen sich zahlreiche Autofahrer Schleichwege. Und damit durch das Waldseeviertel.
Deshalb fordert eine Bürgerinitiative die Installation von Modalfiltern, während eine andere sich dagegen wehrt, weil Poller sie an Grenzabsperrungen zu Mauerzeiten erinnern.

Die Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf hat wiederum einem Probebetrieb mit Modalfiltern an der Schildower- und Elsestraße im Frühjahr 2020 zugestimmt und dem Auftrag für ein Gutachten zugestimmt. Es wurde auf einer Online-Sitzung des Verkehrsausschusses am 14. Januar präsentiert. Dass das Thema bewegt, zeigte auch das Interesse an der Online-Sitzung. In Spitzenzeiten waren bis zu 50 Personen digital anwesend.

Mehrbelastung der Hauptstraßen

Gutachter Daniel Richter vom Büro Stadtraum erläuterte die Nachteile von Modalfiltern. So führten Sperren zu einer Mehrbelastung der Hauptstraßen. Diese aber könnten bereits jetzt nicht noch mehr Verkehr aufnehmen. Also werde der Verkehr sich neue Schleichwege suchen und damit das Problem nur verlagert. Eine andere Möglichkeit wäre eine Einbahnstraßenregelung. Sie würde jedoch das Tempo auf den Straßen des Wohngebiets nicht mindern, und ob Kopfsteinpfaster abschreckende Wirkung erzeuge, sei nicht sicher. Auf jeden Fall gebe es mehr Lärm. Oder eine Spielstraße? Abgesehen davon, dass die Straßen dafür nicht angelegt seien, müssten sie ebenfalls irgendwie abgesperrt werden.

Rechtliche Bedenken gegen Modalfilter

Gegen Modalfilter gibt es auch einen rechtlichen Einwand. Das Rechtsamt wäre in einem weiteren Gutachten zur Auffassung gelangt, dass sie nicht zulässig sind, teilte Baustadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) mit. Die Barrieren ließen sich nicht mit „übergeordneten Gründen des öffentlichen Wohls“ rechtfertigen, wie es die Straßenverkehrsordnung vorsieht. Dies gelte auch für den Probebetrieb. Auf jeden Fall bestehe „ein Prozessrisiko“, schlussfolgerte die Stadträtin und kündigte an, das Gutachten und die Ergebnisse auf einer Bürgerversammlung im Februar vorstellen zu wollen.
Linke-Fraktionschef Felix Lederle wandte dagegen ein, dass es einen einstimmig gefassten BVV-Beschluss zum Probebetrieb gebe. Gerade durch einen Test von Modalfiltern ließe sich herausfinden, ob sich die Befürchtungen aus dem Gutachten bewahrheiteten.

Bürgerinitiativen verfolgen verschiedene Ziele

„Wir werden die Gutachten sorgfältig in Ruhe prüfen und die nächsten Schritte überdenken“, erklärte Prof. Karl Michael Ortmann, Sprecher der Bürgerinitiative für mehr Verkehrsberuhigung in Hermsdorf und Glienicke. Der starke Durchgangsverkehr im Waldseeviertel sei auch durch das Verkehrsgutachten bestätigt worden, andere Fragen dagegen unbeantwortet geblieben. Die temporäre Erprobung von Modalfiltern hält Ortmann weiterhin für notwendig, selbst wenn eine Verstetigung gemäß des Rechtsgutachtens strittig bleiben sollte.

„Straßensperren vom Tisch“, formulierte dagegen die Initiative Offene Nachbarschaft. Mit diesem Ergebnis sei „eine sachliche Grundlage gelegt für einen seriösen Dialog über ein modernes Verkehrskonzept, an dem wir uns gerne beteiligen“, teilt deren Sprecher Dr. Helmut Bodensiek in einer Mitteilung mit. Verbesserbar wären beispielsweise die Integration des Fahrradverkehrs und die dafür erforderliche Infrastruktur. Außerdem sei wichtig, dass ein einheitliches Konzept mit der Nachbargemeinde Glienicke erarbeitet werde.

Das Gutachten zur Verkehrsberuhigung der Schildower Straße im Waldseeviertel steht im Internet unter https://bwurl.de/15-z.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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