Erst hoch zu Ross, dann im Sulky: Pferderennen an der Treskowallee haben Tradition

Die Trabrennbahn Karlshorst hat eine lange Tradition - früher fanden hier allerdings Hindernis- und Galopprennen statt. | Foto: Berit Müller
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Fällt der Name Karlshorst, gehen die Gedanken in Richtung Zweiter Weltkrieg, Kapitulation, Russen-Kasernen. Außerdem ist der Ortsteil für seine schicken Villen bekannt - und für seine Pferderennbahn. Die war in den 1930er-Jahren weltberühmt. Die Pferdesporttradition in der Gegend ist älter als der Ort selbst.

Im „Vorwerk Carlshorst“, das zu jener Zeit noch zu Friedrichsfelde gehört, finden bereits 1854 Pferderennen statt. Ohne Sulky, dafür geht‘s über Stock und Stein. Gestartet wird an der Birkenheide, das Ziel liegt in der Nähe des heutigen Carlsgartens. Etwa sechseinhalb Kilometer misst die Rennstrecke, die Pferd und Reiter zu bewältigen haben. Hunderte Zuschauer verfolgen das Spektakel, viele reisen mit der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn an, die in der Waldowallee hält.

Im Juni 1862 ist ein Areal an der heutigen Treskowallee Schauplatz des ersten deutschen Armee-Jagdrennens des preußischen Heeres – verfolgt von keinem Geringeren als König Wilhelm I. und seiner Entourage. Das Gelände stellen die Besitzer des Ritterguts Friedrichsfelde – die von Treskows – zur Verfügung. Vorfahr Johann Carl Sigismud von Treskow (1787 bis 1846) gilt als Namenspatron des Berliner Vororts. Dessen offizielles Gründungsdatum datiert vom 25. Mai 1895. Die Schreibweise Karlshorst wird im Jahr 1901 festgelegt.

Die „richtige“ Rennbahn, ein auf 300 Hektar Fläche angelegter Parcours für Hindernis- oder Jagdrennen samt zugehöriger Funktionsgebäude eröffnet der „Verein für Hindernisrennen“ am 9. Mai 1894 nach einer Bauzeit von sieben Monaten. Neben Tribünen, einem Kaiserpavillon mit Teehaus und Damenseparee, Toiletten und Garderoben gibt es auf dem Gelände eine Sanitätsstelle, eine Post- und Telegrafenstation. Am Tag der Eröffnung geht auch der benachbarte Rennbahnhof im Fachwerkstil in Betrieb. Freunde des Rennsports können nun noch bequemer anreisen.

Gut drei Jahre später, im Juni 1897, stattet Kaiserin Auguste Viktoria der Hindernisbahn einen Besuch ab. Zu Ehren des blaublütigen Gastes steigt ein großes Rahmenprogramm, das den Zuschauern unter anderem ein Trabrennen mit Zweispännern zeigt. Ab dem Jahr 1905 können auch Besucher mit schmaler Brieftasche wetten – basierend auf dem neuen Rennwettgesetz werden auf den billigen Plätzen Wettmaschinen eingeführt.

Zahlen sprechen für die enorme Beliebtheit des Freizeitvergnügens bei den Berlinern: Allein 1913 laufen auf vier Pferderennbahnen in Karlshorst, Hoppegarten, Strausberg und Grunewald an 83 Tagen 561Rennen, 4905 Starter sind mit von der Partie; Rennpreise in Höhe von vier Millionen Mark werden ausgeschüttet. Karlshorst verbucht am 17. August 1922 einen Besucherrekord – man zählt 50 000 Zuschauer. Am 6. April 1926 überträgt der Rundfunk zum ersten Mal in Deutschland eine Rennsportveranstaltung live – es ist der Osterpreis auf der Rennbahn nahe der Wuhlheide. Herrenreiter Hans von Keller kommentiert das Geschehen.

In den 1930er-Jahren gilt der Karlshorster Parcours als beste Hindernisrennbahn der Welt, auch Polo-Partien tragen Pferdesportler auf dem Gelände aus. Im Oktober 1932 sitzen dann erstmals bei einem Wettkampf Frauen im Sattel – Amazonenrennen nennen es die Zeitgenossen. Mitte der 30er Jahre beginnt die Umwandlung zur Trabrennbahn. Dabei entstehen neue Tribünen und ein Eingangsgebäude mit Kassentrakt an der Treskowallee. Mit dem Projekt beaufragt ist der Architekt des Berliner Funkturms Heinrich Straumer.

Nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet die weitgehend unbeschädigt gebliebene Anlage am 1. Juli 1945 wieder – sie ist nun fast doppelt so groß wie zuvor. Das erste deutsche Nachkriegspferderennen findet in Karlshorst statt. Die Trabrennbahn bleibt die einzige in der DDR und überlebt auch finanziell schwierige Zeiten nach der Wende. Heute betreibt der Verein „Pferdesportpark Berlin-Karlshorst“ die Anlage.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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