Max Klante und Paul Ogorzow - zwei berüchtigte Karlshorster

Mit Kreissäge und Vatermörder: der gebürtige Breslauer Max Klante. | Foto: Archiv Toepfer
2Bilder
  • Mit Kreissäge und Vatermörder: der gebürtige Breslauer Max Klante.
  • Foto: Archiv Toepfer
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Karlshorst. Am 25. Mai feiert Karlshorst seinen 120. Geburtstag Deshalb will die Berliner Woche einige Kapitel aus der Geschichte des heutigen Berliner Ortsteils erzählen. Heute geht es um zwei Verbrecher.

Beginnen wir mit dem Harmloseren der beiden, dem Wettkönig Max Klante. Der gelernte Bürstenmacher kommt aus dem Ersten Weltkrieg mit einer chronischen Tuberkulose und einer psychischen Störung zurück. Im Jahr 1920 gründet der 37-Jährige den "Wettkonzern Klante" und verspricht schier Unglaubliches: Geldanleger sollen in drei Monaten eine Dividende von 200 Prozent bekommen, für ein Klante-Sparbuch garantiert er sogar einen jährlichen Gewinn von 950 Prozent. Verlieren soll niemand - selbst bei schlechter Spekulation sagt er Rückzahlung der Einlage plus Zinsen zu. Er wolle Rennställe gründen, ein Gestüt schaffen und die inländische Pferdezucht fördern.

Tatsächlich feiert der Wettkonzern erste Erfolge, und ein wahrer Sturm auf die Filialen bricht los: Millionenbeträge werden umgesetzt. Klante lässt sich als Volksbeglücker bejubeln, mit einem Lorbeerkranz schmücken - sogar einen Max-Klante-Marsch gibt es. Der Unternehmer kauft eine prächtige Villa in der Siedlung Karlshorst, hat drei Autos, Chauffeure, eine Ehefrau und mehrere teure Geliebte.

Doch schon ein gutes Jahr später platzt die Blase. Der Hasardeur kann die Geldforderungen nicht mehr bedienen. Im September 1921 hat er 90 Millionen Reichsmark Schulden. Er setzt sich in ein Sanatorium ab. Die Polizei findet ihn schnell. Das Urteil: drei Jahre Gefängnis, fünf Jahre Ehrverlust, 105.000 Reichsmark Strafe. Sein Leben endet 1950 in einer Bruchbude am Alexanderplatz durch Selbstmord mit Gas.

Ein ganz anderes Kaliber als Klante ist Paul Ogorzow. Hinter der Fassade eines biederen Karlshorster Familienvaters verbirgt sich ein sadistischer Vergewaltiger und Mörder. Anfang der 1940er-Jahre versetzt er ganz Berlin und Angst und Schrecken. Zuerst treibt er im Laubengelände zwischen Rummelsburg, Friedrichsfelde und Karlshorst sein Unwesen: Er belästigt und missbraucht mehr als 30 Frauen. Einmal schreit ein Opfer erfolgreich um Hilfe, und Ogorzow wird fürchterlich von zwei Männern verprügelt.

Er sinnt auf Rache, ändert seine Taktik und wechselt auf die S-Bahn über. Am späten Abend des 20. September 1940 stößt er Gerda Kargoll zwischen den Bahnhöfen Karlshorst und Wuhlheide aus dem fahrenden Zug. Die Frau ist sportlich, rollt sich ab und geht schnurstracks zur Polizei. Die schenkt dem Opfer aber wenig Glauben, ebenso wenig wie ihrer Aussage, der Täter trage eine Eisenbahneruniform.

Doch bald berichtet auch eine andere Überlebende von der Uniform - der Polizei wird klar, welch perfekte Tarnkappe der Verbrecher trägt. Einen Monat später gibt es die erste Tote; sie wird zwischen Bahngleisen gefunden. Und die Serie zwischen Rummelsburg und Karlshorst geht weiter; einigen Opfern schlägt Ogorzow mit einem Bleikabel mit Wucht auf den Kopf, bevor er sie aus dem Zug wirft. Am Ende werden es sechs versuchte und acht vollendete Morde sein.

Wilhelm Lüdtke, Leiter der Mordkommission, tut alles, um den S-Bahn-Mörder zu fassen: 5000 Reichsbahnangehörige werden überprüft, Streifen patroullieren Nacht für Nacht, weibliche Lockvögel sitzen in den Zügen zwischen Ostkreuz und Erkner.

Doch sein nächstes Opfer tötet Ogorzow auf unbewachtem Laubengelände. In der Nähe der Leiche stellt die Polizei einen Schuhabdruck sicher, und sie findet den Mann, der den Schuh getragen hat: einen Tischler, vorbestraft wegen eines Sittlichkeitsdelikts. Doch während er verhört wird, passiert ein weiterer Mord. So unwahrscheinlich es klingt: Der Schuster war tatsächlich in der Dunkelheit zufällig über die Leiche gestolpert.

Dass Ogorzow gefasst wird, ist dem Zufall zu verdanken. Ein Reichsbahnkollege sieht, wie er nachts über den Zaun des Stellwerks VnK an der Zobtener Straße klettert, wo er oft seinen Dienst versieht. Beim Polizeiverhör leugnet Ogorzow beharrlich, verstrickt sich aber in Widersprüche und bricht schließlich zusammen, als ihm Lüdtke die zerschlagenen Schädel einiger Opfer präsentiert.

Mit dem grausamen Serienmörder wird im wahrsten Sinne des Wortes kurzer Prozess gemacht: Die Verhandlung am 23. Juli 1941 dauert nur wenige Stunden, am Folgetag wird Paul Ogorzow in Plötzensee geköpft.

(Quelle: Günter Toepfer: Verliebt in Karlshorst)

Alle Artikel unserer kleinen Serie "120 Jahre Karlshorst" finden Sie hier.

Susanne Schilp / susch
Mit Kreissäge und Vatermörder: der gebürtige Breslauer Max Klante. | Foto: Archiv Toepfer
Er wohnte in der Dönhoff- und der Dorotheastraße, er galt als korrekt und zuverlässig: der sadistische Serienmörder Paul Ogorzow. | Foto: Archiv Toepfer
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

25 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 179× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 161× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 223× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 602× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.