Kunstwerk aus der italienischen Renaissance schmückt katholische Kirche St. Martin
Die katholische Kirche St. Martin birgt einige interessante alte Kunstwerke. Besonders spannend ist die Geschichte des Tabernakels, das unterhalb des Kreuzes an der Stirnwand der Kirche angebracht ist.
Es handelt sich um das Fragment eines alten Sakramentstabernakels. Dieses hat eine Höhe von 76 Zentimetern und eine Breite von 66 Zentimetern. Es ist aus Marmor. Zwischen zwei rankenverzierten Pilastern deutet sich ein gewölbeartiger Raum an. Unter dem Bogen ist Christus zu erkennen, wie er aus dem Grab steigt. Zwei Cherubim schmiegen sich zu beiden Seiten des Gewölbes und neben der Tür in der Mitte stehen zwei Engel.
Das Wort Tabernakel stammt aus dem Lateinischen und bedeutet im Ursprung soviel wie Hütte oder Zelt. Glaubensgeschichtlich hat seine Form ihren Ursprung in dem Kasten, in dem die Juden die von Moses überlieferten Tafeln mit den zehn Geboten aufbewahrten. In der katholischen Kirche dient der kleine Raum als Aufbewahrungsort für die Hostien, die nach ihrem Glauben den Leib Christi darstellen und von zentraler Bedeutung für das Heilige Abendmahl sind.
Das Kaulsdorfer Tabernakel ist keine deutsche Arbeit, sondern stammt aus dem Italien des 15. Jahrhunderts. Es wird von Kunsthistorikern dem Florentiner Bildhauer Domenico Rosselli (1439-1497/98) zugeschrieben. Wie kommt eine Bildhauerarbeit aus der italienischen Renaissance in eine deutsche Kirche, die 1930 im Stil der Neuen Sachlichkeit gebaut wurde?
Zunächst ist dazu zu sagen, dass weder die Kirche noch ihre ursprüngliche Innenausstattung vielen Zeitgenossen gefiel. Nach Kritik, die unter anderem der damalige Berliner Bischof Christian Scheibner, auch bei der Einweihung der Kirche offen äußerte, wurden Veränderungen vorgenommen. Das Tabernakel wurde in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges auf dem Altartisch der Kaulsdorfer Kirche eingebaut.
Die Spuren des Tabernakelfragments führen dann zu einer Auktion mit Kunst aus Russland, die 1928 vom Berliner Auktionshaus Rudolf Lepke durchgeführt wurde. Die Museen quollen nach der Revolution über vor Kunstwerken – nicht zuletzt durch enteignete Kunstschätze. Das nach Krieg und Bürgerkrieg verelendete Land brauchte dringend Devisen. Ein Mitarbeiter des Kunsthauses hatte die Sowjetregierung dazu gebracht, einiges davon in Berlin zu veräußern.
Kunstverstand und einfaches Gespür
Wer das Fragment auf der Auktion zunächst erworben hat, ist unbekannt. Zeitzeugen berichten aber, dass Alois Schölzel, der erste Pfarrer der jungen Kaulsdorfer Gemeinde, es Anfang der 1930er Jahre kaufte. Schölzel ist unter anderem durch seine Betteltouren bekannt, durch die er den Bau der Kirche ermöglichte. Dank seines Kunstverstandes oder einfach Gespürs bereicherte er die Gemeinde um ein interessantes Kunstwerk.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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