Kulturprojekt Alte Möbelfabrik: Mit einer Hausbesetzung fing alles an
Köpenick. Die Möbelfabrik in der Karlstraße steht dort fast schon 100 Jahre. Seit einem Vierteljahrhundert ist der Backsteinbau nun ein Hort der Kultur.
Gemeinsam mit dem Schlossplatztheater wurde jetzt das Jubiläum gefeiert. Während die „Alte Möbelfabrik“ eine Gründung der Wendezeit ist, hob sich im Schlossplatztheater fünf Jahre später der erste Vorhang. Die „Mutter“ beider Projekte ist Birgit Grimm. Die 54-jährige diplomierte Kulturwissenschaftlerin war zur Wendezeit Mitarbeiterin im Kreiskulturhaus Lichtenberg. „Dort war ich für die Betreuung einer Disco und eines Amateurtheaters zuständig, was mich überhaupt nicht ausgefüllt hat. Deshalb wollte ich was Eigenständiges machen und suchte dafür geeignete Räume. Die frühere Möbelfabrik war zuletzt Bauarbeiterunterkunft und stand bereits einige Monate leer. Da haben wir das Haus im März 1990 einfach besetzt“, erinnert sich Birgit Grimm.
Die Nachbarn im damaligen Volkspolizeirevier Karlstraße haben sich zwar verwundert die Augen gerieben, schritten aber nicht ein. Ein paar Wochen später war die Besetzung ohnehin durch einen Mitvertrag der Kommunalen Wohnungsverwaltung legalisiert. „Über eine Zeitungsanzeige habe ich dann Mitstreiter für freie Kulturarbeit gesucht“, erzählt Birgit Grimm.
Schnell wurde das Haus in der Karlstraße zum Kindertreff. Hier wurde gemalt und gebastelt, es gab ein Musikstudio und eine Bildhauerwerkstatt. Im Theatersaal fanden erste Vorstellungen statt. „Dafür reichte bald der Platz nicht mehr und wir mieteten Räume am Schlossplatz, der dann auch unserem Theater den Namen gab“, erinnert sich Initiatorin Grimm.
Aus heutiger Sicht hat das Theater dem gesamten Projekt die Zukunft gesichert. In erster Linie steht Musiktheater auf dem Spielplan, Stücke wie „Fast Faust“ mit 275 Aufführungen und „Mozart und die Zauberflöte“ mit 330 Vorstellungen gehören zu den Dauerbrennern. Allein in den 20 Jahren, in denen das „Schlossplatztheater“ spielt, kamen rund 166.000 Besucher in 2480 Vorstellungen. Es gab 57 Premieren, siebenmal organisierte Birgit Grimm mit ihren Theaterleuten den „Tag der Stadtkunst“. Dann wird an bis zu 12 Spielorten in der Köpenicker Altstadt Theater im Freien gemacht.
Die 60 Plätze der kleinen Bühne sind im Jahresdurchschnitt zu 65 Prozent ausgelastet. Seit 2005 trägt die Förderung durch die Senatsverwaltung für Kultur zu ihrer Existenz bei. „Das war aber eine Zitterpartie, wir haben zehn Jahre mit schmalem Budget darum gekämpft. Und alle zwei Jahre müssen wir uns neu um öffentliche Unterstützung bewerben“, erzählt Birgit Grimm. Dafür gehen die Theaterleute auch nach draußen, organisieren Theaterprojekte mit Schulen oder Flüchtlingen. RD
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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