Reifen auf der Insel
Zwischen Vergangenheit und Zukunft: Die Schulfarm Scharfenberg feierte Festakt zum 100. Geburtstag mit viel Politprominenz

Ein weiteres Gebäude auf Scharfenberg ist energetisch saniert (von links): Matthias Völzke kommissarischer Schulleiter, Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse, Bürgermeister Uwe Brockhausen und Martin Sowinksi von der Berliner Immobilienmanagement GmbH bei der symbolischen Eröffnung. | Foto:  Thomas Frey
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Die Schulfarm Insel Scharfenberg feiert 2022 ihren 100. Geburtstag. Der Festakt am 3. September bildete den Höhepunkt einer Reihe weiterer Veranstaltungen.

Nur mit der Fähre ist Scharfenberg zu erreichen. | Foto: Thomas Frey
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Das Bildungseiland. Die Insel war ein idealer Ort für die reformpädagogischen Ideen des Lehrers Wilhelm Blume (1884-1970). Blume, damals Studienrat am Weddinger Humboldt-Gymnasium, hatte 1921 eine Sommerschule auf der Insel organisiert. Als er gleiches auch ein Jahr später machen wollte, sprach sich das Humboldt-Gymnasium dagegen aus. Daraufhin gründete Wilhelm Blume mit Unterstützung des Versuchsschulausschusses eine "Privatschule des Magistrats von Berlin".

Das heute älteste Gebäude auf Scharfenberg. Eine Scheune, deren Anfänge bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. | Foto: Thomas Frey
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Reformpädagogisches Konzept. Blumes pädagogische Vorstellungen basierten auf dem ganzheitlichen Lehr- und Lernkonzept Wilhelm von Humboldts (1767-1835), Spross der ursprünglichen Besitzerfamilie der Insel im Tegeler See. Dieser hatte das Konzept bereits Anfang des 19. Jahrhunderts propagiert. Schüler sollten sich im besten Fall sowohl in der griechischen Philosophie auskennen als auch in der Lage sein, einen Stuhl zu schreinern, Musikinstrumente spielen, naturwissenschaftliche Fähigkeiten besitzen und auf der Theaterbühne oder am Rednerpult brillieren können.

Tiere auf Scharfenberg. Die insel ist übrigens mehr als 23 Hektar groß. | Foto: Thomas Frey
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Die austauschbaren Beispiele einer solchen "Bildung zur Vervollkommnung des Menschen" wurden durch Wilhelm Blumes reformpädagogischen Ansatz auf Scharfenberg praktisch umgesetzt. Bereits 1923 entstand ein landwirtschaftlicher Betrieb. Es folgten Handwerksgewerke, später Innungen genannt sowie Werkstätten. War Scharfenberg zunächst ein Internat, so können seit den 1990er-Jahren auch Externe die Schulfarm besuchen. Sie bilden heute die deutliche Mehrheit der rund 500 Schüler.

Auch in der Fernsehgeschichte hat Scharfenberg Spuren hinterlassen. | Foto: Thomas Frey
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Im Spiegel der Zeit. Am 3. September wurden mehrere Ausstellungen darunter die große Jubiläumsschau eröffnet. Sie gibt einen kompakten Überblick der vergangenen 100 Jahre und der Zeit davor und versucht eine aktuelle Standortbestimmung.

Auch viele bekannte Künstler hat die Schufarm hervorgebracht. An sie wird ebenfalls in einer Ausstellung erinnert. | Foto: Thomas Frey
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Das reformpädagogische Konzept war nach der ersten Dekade zahlreichen Belastungen ausgesetzt. 1933 wurde es von den Nazis beendet. Nach dem Krieg wurde die Schulfarm zu einem sehr konkreten Beispiel für die deutsche Teilung. In der DDR existierte für einige Jahre ein Ost-Scharfenberg. Auch die gesellschaftlichen Veränderungen verbunden mit der Jahreszahl 1968 setzten dem ganzheitlichen Lehr- und Lernkonzept zu. Immer wieder gab es auch Diskussionen, ob der Schulstandort geschlossen werden soll.

An das und noch mehr erinnert die Ausstellung. Auch an die Episode aus den 1990er-Jahren, als die Insel Drehort für eine Staffel der damals beliebten Fernsehserie "Unser Lehrer Dr. Specht" war.

Auszug aus der Jubiläumsausstellung. | Foto: Thomas Frey
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Eigene Bestandsaufnahme. Das Eiland im Tegeler See lag nicht abseits der Zeitläufe, sondern mittendrin, war manchmal sogar prägend. Das ist eine Botschaft der Jubiläumsschau, auf die René Wiese verweist. Der Geschichtslehrer hat sie federführend konzipiert. Er sieht sie auch als Standortbestimmung für die Schüler- und Lehrerschaft. Und das verbunden mit der Frage "wie wir mit diesem Erbe umgehen."

Insel-Idylle. Aber nicht nur. | Foto: Thomas Frey
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Ein teurer Solitär. Matthias Völzke, der kommissarische Schulleiter, benutzte bei seiner Festrede unter anderem die Leuchtturm-Metapher. Scharfenberg müsse ausstrahlen, Impulsgeber sein, seine Geschichte und seinen singulären Standort auch für die Zukunft nutzbar machen. Gerade, weil er manchen Zwängen ausgesetzt ist. So gestand René Wiese: "Wir haben erst seit kurzem stabiles Internet." Und das Bewirtschaften der Insel ist teuer. "Andere Schulen unserer Größe haben einen Hausmeister, wir brauchen vier", nennt René Wiese ein Beispiel.

Gebäudeensemble auf Scharfenberg. Nicht alle Häuser werden aktuell genutzt. | Foto: Thomas Frey
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Auch die Berliner Immobilienmanagement (BIM) ist mit manchem Herausforderungen konfrontiert. Seit Jahren wird das Gebäude energetisch saniert. Ein langwieriger Prozess, weil das gesamte Material auf dem Wasserweg herangeschafft werden muss. Umso wichtiger ist es, den eigenen Stellenwert und das Selbstverständnis deutlich zu machen. Auch dazu dient das Jubiläumsjahr.

Eine Art Ahnentafel prominenter Scharfenberg-Schülerinnen und Schüler. Zu ihnen gehörten zum Beispiel der von den Nazis ermordete kommunistische Widerstandskämpfer Hans Coppi, der Schauspieler Jürgen Holtz ("Motzki") oder die ehemalige Berliner Justizsenatorin und Verfassungsrichterin Jutta Limbach. | Foto: Thomas Frey
  • Eine Art Ahnentafel prominenter Scharfenberg-Schülerinnen und Schüler. Zu ihnen gehörten zum Beispiel der von den Nazis ermordete kommunistische Widerstandskämpfer Hans Coppi, der Schauspieler Jürgen Holtz ("Motzki") oder die ehemalige Berliner Justizsenatorin und Verfassungsrichterin Jutta Limbach.
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Die Ausstellungen können bis Ende November donnerstags von 16 bis 18 Uhr sowie an vielen Sonntagen zwischen 9.30 und 13 Uhr besucht werden. Die exakten Termine sowie alle Informationen zum Jubiläumsjahr und weitere Veranstaltungen finden sich auf dem Internetportal auf www.100-jahre-scharfenberg.de.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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