Ein "Kompromiss plus": Bewegung und Bedenken beim Bauvorhaben Bockbrauerei

Bisher Gewerbe-, künftig wahrscheinlich Mischgebiet: das Gelände der ehemaligen Bockbrauerei. | Foto: Thomas Frey
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Der Stadtrat hatte "neue Entwicklungen" zu vermelden. Die stießen auch auf einiges Wohlwollen. Allerdings besteht bei manchen Fragen weiterhin Klärungsbedarf.

Einmal mehr ging es bei der Sitzung des Stadtplanungsausschuss am18. April um die Zukunft des ehemaligen Bockbrauereigeländes an der Fidicinstraße. Das Areal ist bisher ein Gewerbestandort. Der Eigentümer, die Bauwert-Immobiliengesellschaft, plante dort ein reines Wohnquartier. Das verhinderte der Bezirk durch eine Veränderungssperre.

Schon Anfang des Jahres deutete sich ein Kompromiss an. Es soll je zur Hälfte Gewerbe und Wohnen auf dem Gelände geben. Diese Fifty-Fifty-Regelung ist jetzt auch Bestandteil der von Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne) als "Kompromiss plus" bezeichneten Vereinbarungen. Sie sehen vor allem vor, dass die bisherigen Bestandsgebäude an eine Stiftung beziehungsweise Genossenschaft überführt werden. Dadurch sei langfristige Sicherheit für die Nutzer gewährleistet. Die Bauwert, namentlich deren Chef Jürgen Leibfried, habe diesem Konstrukt zugestimmt. Zusammen mit dem Anteil der Wohnungen, die die landeseigene Gesellschaft Howoge im preisgünstigen Segment errichtet, führe das zu einem Anteil von rund 30 Prozent der Gesamtbaumasse, für die nicht die inzwischen marktüblichen Konditionen gelten sollen.

Unterstützung für Gewerbe

Vor allem, dass für das Gewerbe zum ersten Mal so eine Abmachung erzielt werden konnte, hob Florian Schmidt als Besonderheit hervor. Es sei genauso dem Preisdruck unterworfen wie Wohnungsnehmer. Nur gebe es dort bisher keine ähnlichen Regelungen wie mit der kooperativen Baulandentwicklung für neue Wohnquartiere. Hier sei das aber der Fall. Mit dem Stiftungs- beziehungsweise Genossenschaftsmodell wäre eine am Gemeinwohl orientierte Lösung sichergestellt.

Das wurde zwar weitgehend begrüßt, aber der Teufel liege wie so oft im Detail, ließ sich die nachfolgende Debatte am besten umschreiben. Fragen der Rechtssicherheit spielten dabei ebenso eine Rolle wie der Nachhaltigkeit. Auch eine Genossenschaft biete nicht zwingend und für immer die Gewähr dafür, dass das Gemeinwohl im Vordergrund stehe, wurde unter anderem angemerkt.

Weiteren Klärungsbedarf gab es auch beim Thema Kellerflächen auf dem Areal. Ein Teil davon soll hergerichtet und unter Federführung der Stiftung Topographie des Terrors der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, skizzierte der Stadtrat diese Abmachung im "Kompromiss plus". Zum Hintergrund: In den Verliesen wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs viele Zwangsarbeiter festgehalten. Mehrere Initiativen fordern deshalb, sie als Erinnerungsort vollständig zu erhalten.

Was bisher aber nur für knapp ein Drittel der unterirdischen Räume geplant ist. Der Rest soll abgerissen werden. Das letzte Wort hat der Denkmalschutz, was auch Florian Schmidt betonte. Die obere Denkmalbehörde habe inzwischen deutlich gemacht, dass sie in die weiteren Planungen mit einbezogen werden möchte, erklärte er einige Tage nach der Sitzung.

Veränderungssperre bleibt

Es gibt also noch einiges zu berücksichtigen, auch wenn Bewegung in das Bauvorhaben kommt. Zu letzterem gehört, dass die Grünen mittlerweile von ihrer Forderung nach 100 Prozent Gewerbe auf dem Gelände abrücken. Auch wenn sie das weiter für die bessere Lösung halten würden, wie ihr Fraktionsvorsitzender Julian Schwarze noch einmal betonte. Das sei ein Entgegenkommen auf der Linie des "Kompromisses plus".

Manche Bezirksverordnete hatten Bedenken gegen die Bauwert. Es müsse sichergestellt werden, dass sie ihre Zusagen einhalte. Schon deshalb wird die Veränderungssperre erst einmal beibehalten und unterfüttert mit weiteren Forderungen, die sich vor allem auf eine Bestandsgarantie für bisherige Mieter beziehen. Etwa dem Archiv der Jugendkulturen oder dem Integrationstheater Thikwa. Ein endgültiges Votum wurde deshalb vertagt.

Der FDP-Bezirksverordneten Marlene Heihsel ging das alles zu langsam. Es sei "enttäuschend, dass es keine Entscheidung gibt". Wieder gehe nichts voran. Die eigenen Instrumente in Form der Veränderungssperre nicht zu früh aus der Hand zu geben, war für eine Mehrheit dagegen der entscheidende Antrieb.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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