Dem Vergessen entzogen: Fontanepromenade 15 wird Erinnerungsort

In der Fontanepromenade 15 wird künftig über die Vergangenheit dieses Gebäudes informiert. | Foto: Initiative Gedenkort
  • In der Fontanepromenade 15 wird künftig über die Vergangenheit dieses Gebäudes informiert.
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Es ist auch in Friedrichshain-Kreuzberg oft davon die Rede, dass Geschichte sicht- und damit erlebbar gemacht werden muss. An der Fontanepromenade 15 passiert das jetzt. Zumindest in einem Raum des Gebäudes.

Zu verdanken ist das einer Initiative, die sich seit 2016 vehement für den Erhalt dieses Erinnerungsstätte eingesetzt hat. Auch der Eigentümer signalisierte Zustimmung, sollten sich Interessengruppen, Vereine oder jüdische Gemeinden dafür interessieren, einen Teil der Immobilie als Gedenkort zu nutzen. Ortsübliche Miete vorausgesetzt.

Die Finanzierung stellte schließlich das Berliner Abgeordnetenhaus sicher. Wenn auch erst in der dritten Lesung zum Doppelhaushalt 2018/19 am 14. Dezember vergangenen Jahres. So wird dieses Haus dem Vergessen entzogen.

Die Fontanepromenade 15 war eine der Berliner Schreckensadressen in der Nazizeit. Dort befand sich von 1938 bis 1943 das jüdische Arbeitsamt. Juden mussten dort vorstellig werden und wurden zur Zwangsarbeit befohlen. Oder zur Deportation. Es war "eine Schnittstelle zwischen Verwertung und Vernichtung", so die Initiative. "Schikanepromenade" wurde sie damals von den Betroffenen genannt.

An diese Geschichte ist lange kaum erinnert worden. Erst 2013 erfuhr sie durch eine Informationstafel anlässlich des Themenjahrs "Zerstörte Vielfalt" größere Aufmerksamkeit. Ungefähr zur selben Zeit stand das Haus zum Verkauf. Davor war es lange von einer Mormonengemeinde genutzt worden.

Ein möglicher Erwerb spielte im Bezirk nur kurz und ablehnend eine Rolle. Auch in der Gedenktafelkommission, dem eigentlich berufenen Gremium für die Erinnerungsarbeit. 800 000 Euro sollte das Gebäude kosten. Zu teuer. Zum Vergleich: Die bis 11. Januar besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule hat seit Ende 2012 rund fünf Millionen Euro verschlungen. Mit nur einem Teil dieser Summe hätte nicht nur die Immobilie gesichert, sondern auch noch Einrichtung, Unterhalt, sogar Personal finanziert werden können. Fairerweise muss aber auch gesagt werden, dass andere Institutionen der Berliner Erinnerungskultur ebenfalls kein großes Interesse an der Fontanepromenade 15 zeigten.

Geändert hat sich das erst, als das Objekt an einen privaten Investor verkauft war, der 2016 damit begann, es zu einem Wohnhaus umzubauen. Das rief Akteure wie die Initiative "Wem gehört Kreuzberg" auf den Plan. Auch die Schriftstellerin und Holocaust-Überlebende Inge Deutschkron schaltete sich ein. Sie kannte die "Schikanepromenade" noch aus eigenem Erleben.

Gefordert wurde ein sofortiger Baustopp. Der ließ sich nicht mehr durchsetzen, aber immerhin ein Raum, in dem zum Beispiel mit Veranstaltungen und Forschungsvorhaben das dunkle Kapitel dieses Hauses den Besuchern nahe gebracht wird.

Das soll zwar bald passieren, noch sind aber nicht alle Bauarbeiten beendet. Deshalb findet die Veranstaltung zum Auschwitz-Gedenktag am 24. Januar in der Wilhelm-Liebknecht-/Namik-Kemal-Bibliothek an der Adalberstraße 2 statt. Beginn ist um 19 Uhr. Unter dem Titel "Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben ist..." spielt der Liedermacher Zhenja Oks vertonte Lyrik von Paul Celan.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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