An der Yorckstraße 60 erinnern Stolpersteine an die einstigen Bewohner

Kreuzberg. 16 neue Stolpersteine hat der Künstler Gunter Demnig am 22. März in Friedrichshain-Kreuzberg gesetzt. Sechs davon vor dem Haus Yorckstraße 60.

Sie erinnern an die früheren jüdischen Bewohner, die in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nazis starben. Das Gedenken ist der Projektgruppe Stolpersteine der Initiative Möckernkiez zu verdanken. Sie hat außerdem die Biografien der Menschen recherchiert und zeigt die Ergebnisse in einer Ausstellung im Treffpunkt der Initiative in der Yorckstraße 62.

Auch die beiden Schülerinnen Merve und Ayla (beide 17) aus der Lina-Morgenstern-Schule haben sich an dem Projekt beteiligt und sich vor allem mit der Lebens- und Leidensgeschichte von Margarete Meyer beschäftigt. Der 1881 geborenen Frau gehörten bis 1938 zwei Geschäfte für Seifenartikel. Außerdem war sie Mitinhaberin eines Großhandels, unter anderem für Holzwaren und Kleiderbügel.

Nach der Reichspogromnacht wurde Margarete Meyer enteignet und musste eine "Sühneleistung" in Höhe von 25 000 Reichsmark erbringen. 1939 verlor sie ihre Wohnung in der Ritterstraße 62 und kam danach als Untermieterin in der Yorckstraße 60 unter. Margarete Meyer wurde am 28. März 1942 in das Ghetto Piaski bei Lublin deportiert und starb dort wenig später. Ihr Ehemann Nathan Meyer, geboren 1882, wurde im November 1942 in Auschwitz ermordet. Auch der damals 28-jähriger Sohn Horst Meyer kam 1943 nach Auschwitz, überlebte aber das Vernichtungslager. Ebenso wie seine Tochter Tana Meyer, heute Tana Ross. Das 1940 geborene Mädchen war mit ihrer Großmutter mütterlicherseits nach Theresienstadt deportiert worden. Tana Ross, die in New York lebt, wird wahrscheinlich am 22. April die Möckernkiez-Initiative besuchen und bei einer öffentlichen Veranstaltung auftreten.

"Je mehr Unterlagen aus dieser Zeit man liest, umso unverständlicher wird einem, was damals passieren konnte", meinten Merve und Ayla. Sie werden ihre Recherchen jetzt auch als Prüfungsthema für ihren mittleren Schulabschluss präsentieren.

Die sechs neuen Stolpersteine stehen beispielhaft für das Schicksal von sechs Millionen Toten. "Ohne den Massenmord der Nazis wäre die Geschichte dieses Hauses anders verlaufen", meinte ein heutiger Bewohner bei der Einweihung. Daran erinnern die kleinen Messingquader und die Ausstellung. Sie kann jeweils Dienstag und Donnerstag von 16 bis 19 Uhr sowie nach Vereinbarung besichtigt werden, 48 81 71 70.

Neben den Stolpersteinen in der Yorckstraße 60 hat Gunter Demnig auch noch an folgenden Orten in Kreuzberg Stolpersteine verlegt: in der Heimstraße 23 einen Stein für Erna Wolff, in der Kommandantenstraße 57 für Leonie Herrmann, in der Stallschreiberstraße 43 für Rosa Cohn sowie in der Kottbusser Straße 13 drei Steine für Arthur, Bianka und Käte Wolf. Weitere Stolpersteine wurden am gleichen Tag in Friedrichshain verlegt: in der Landsberger Allee 60 zwei Steine für Max und Nellys Lesser, in der Warschauer Straße 67 für Else Nawroth und in der Karl-Marx-Allee 36 für Sara Enke.
Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 96× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 894× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 567× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.068× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.951× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.